SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe vorherige Versionen anzeigen
SGB VIII C 107
Gesetz zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung
(Jugendbildungsgesetz)
i. d. F. vom 8. Juli 1996 (GBl. S. 502),
geändert durch Gesetz vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469)
ERSTER ABSCHNITT
Allgemeine Grundsätze
§ 1 Stellung und Aufgabe der außerschulischen Jugendbildung
(1) Die außerschulische Jugendbildung ist ein eigenständiger und gleichberechtigter Teil des gesamten Bildungswesens. Sie wendet sich in der Regel an junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr. Ihre Förderung und Entwicklung ist eine öffentliche Aufgabe.
(2) Die außerschulische Jugendbildung wird von den Interessen und Bedürfnissen junger Menschen bestimmt. Sie beruht vor allem auf ehrenamtlicher Tätigkeit. Sie trägt mit jugendgemäßen Mitteln dazu bei, den jungen Menschen zur Selbstverwirklichung, zur Verantwortlichkeit und zur aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft sowie zur Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Pflichten im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu befähigen. Ein besonderes Ziel ist die Entwicklung von Toleranz gegenüber Menschen anderer Lebensweise, Herkunft und Weltanschauung sowie gegenüber Menschen mit Behinderungen. Ein weiteres Ziel ist die Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen sowie von Frauen und Männern.
§ 2 Förderungsgrundsatz
(1) Das Land fördert nach Maßgabe dieses Gesetzes die außerschulische Jugendbildungsarbeit von Jugendverbänden, von Zusammenschlüssen von Jugendverbänden, von Musikschulen und von sonstigen Trägern der außerschulischen Jugendbildung, soweit sie öffentlich anerkannt sind, sowie von öffentlichrechtlichen Körperschaften. Bei der Förderung wird vorausgesetzt, daß sich die Träger an der Finanzierung angemessen beteiligen. Die in der Jugendarbeit ehrenamtlich Tätigen sollen bei der Förderung besonders berücksichtigt werden.
(2) Die Landkreise und Gemeinden sollen die freiwillige Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes fördern,
- 1. soweit sie örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind, nach den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch,
- 2. im übrigen als freiwillige Aufgabe.
(3) Eine Förderung nach diesem Gesetz erfolgt nicht, soweit eine Förderung nach dem Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens erfolgt.
(4) Das Recht des Landes, eigene Einrichtungen zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung einzurichten und zu unterhalten, bleibt unberührt.
§ 3 Unabhängigkeit der Träger
Das Recht auf freie Wahl der Leiter und Mitarbeiter in der Jugendbildung sowie die Selbständigkeit der Organisation und die unabhängige Gestaltung von Inhalten und Methoden der außerschulischen Jugendbildung sind im Rahmen dieses Gesetzes gewährleistet.
ZWEITER ABSCHNITT
Voraussetzungen der Förderung
§ 4 Anerkennung und Förderung von Trägern
(1) Träger der außerschulischen Jugendbildung im Sinne von § 2 Abs. 1 werden anerkannt und gefördert, wenn sie
- 1. ihren Sitz und ihren Tätigkeitsbereich in Baden-Württemberg haben und sich überwiegend an baden-württembergische Teilnehmer wenden;
- 2. im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine den Zielen des Grundgesetzes und der Landesverfassung förderliche Arbeit leisten;
- 3. den Anforderungen der Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts genügen;
- 4. den Nachweis erbringen, daß ihre Arbeit nach Inhalt, Umfang und Dauer eine Förderung rechtfertigt und die Voraussetzungen für eine kontinuierliche Bildungsarbeit erfüllt sind;
- 5. im Rahmen der Zielsetzung und Satzung jedermann die Teilnahme ermöglichen;
- 6. über fachlich geeignete Mitarbeiter verfügen;
- 7. sich verpflichten, den Bewilligungsbehörden Einblick in ihren Gesamthaushalt und in ihre Kassenlage zu gewähren sowie die Finanzierung der geförderten Einrichtungen und Maßnahmen hinsichtlich der Teilnehmerzahl und Thematik offenzulegen;
- 8. die Gewähr dafür bieten, daß Zuwendungen und Eigenmittel sparsam und wirtschaftlich verwendet werden.
(2) Freien Trägern, die einem anderen Verband angehören, der vorwiegend außerhalb der Jugendbildung tätig ist, muß das Recht auf eigene Gestaltung in der Verbandssatzung eingeräumt sein. Sie haben ein Sondervermögen zu bilden und eine eigene Rechnung zu führen. Sie bedürfen einer eigenen Satzung. Die Satzung muß ein Gremium vorsehen, das bei der Aufstellung des Arbeitsplanes und der Anstellung der Leiter und Mitarbeiter mitwirkt. Dem Gremium müssen in überwiegender Zahl Personen angehören, die durch ihre Tätigkeit oder durch ihre Mitwirkung im gesellschaftlichen Leben mit Fragen der Jugendbildung vertraut und vom Träger wirtschaftlich unabhängig sind. Des weiteren müssen dem Gremium auch Jugendliche angehören, die in der außerschulischen Bildung mitwirken und die Bildungsbedürfnisse der Jugendlichen zu beurteilen in der Lage sind.
(3) Ausgeschlossen von der Förderung nach diesem Gesetz sind Träger, die gewerblich oder in Anlehnung an ein gewerbliches Unternehmen arbeiten.
(4) Die Anerkennung bedarf der Schriftform.
(5) Öffentliche Träger der außerschulischen Jugendbildung bedürfen keiner Anerkennung im Sinne dieser Bestimmung.
DRITTER ABSCHNITT
Art und Umfang der Förderung
§ 5 Allgemeine Bestimmungen
(1) Das Land gewährt Trägern und Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung Zuschüsse nach folgenden Bestimmungen.
(2) Die Verwendung der vom Land gewährten Zuwendungen wird durch die Bewilligungsbehöden entsprechend den Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung geprüft.
UNTERABSCHNITT 1
Förderung der Jugendverbände und Jugendringe
§ 6 Förderung der Verbandszentralen
(1) Das Land gewährt nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes den Jugendverbänden und ihren überregionalen Zusammenschlüssen für zentrale Aufgaben auf Antrag Zuschüsse zu ihren Personal- und Sachkosten, insbesondere für
- 1. die sächliche Ausstattung der Einrichtungen;
- 2. die Ausstattung mit Lehr- und Arbeitsmitteln;
- 3. die Errichtung und Einrichtung von Jugendbildungsstätten und Jugenderholungseinrichtungen;
- 4. die Erprobung von Modellen in der außerschulischen Bildungsarbeit.
§ 7 Bildungsreferenten
(1) Das Land gewährt auf Antrag Zuwendungen zu den anerkannten Personalkosten in Höhe von 70 Prozent für hauptberuflich tätige Bildungsreferenten der Jugendverbände und überregionaler Zusammenschlüsse anerkannter Träger der freien Jugendarbeit.
(2) Grundlage für die Zuwendung ist die in den Erläuterungen im Staatshaushaltsplan festgelegte Stellenzahl. Die Eingruppierung beziehungsweise Vergütung der hauptberuflichen Referenten richtet sich nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen.
§ 8 Förderung von Maßnahmen
Das Land gewährt nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes auf Antrag Zuwendungen zu den als notwendig anerkannten Aufwendungen für Seminare, Lehrgänge und sonstige Veranstaltungen. Für die Bezuschussung ist ein qualifiziertes Programm Voraussetzung. Insbesondere sollen gefördert werden
- 1. Veranstaltungen zur politischen, sozialen, sportlichen und kulturellen Bildung;
- 2. Veranstaltungen zur Aus- und Fortbildung von Jugendleitern sowie haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitern;
- 3. die pädagogische Gestaltung von Freizeit- und Erholungsmaßnahmen;
- 4. der internationale Jugendaustausch und anerkannte Studienfahrten zur staatsbürgerlichen Bildung.
UNTERABSCHNITT 2
Musikschulen
§ 9 Förderungsvoraussetzungen
Eine Musikschule kann nur gefördert werden, wenn sie über die in § 4 genannten Voraussetzungen hinaus
- 1. unter der Leitung eines nach Ausbildung oder Berufserfahrung geeigneten Musikpädagogen steht,
- 2. Gewähr für eine langfristige und pädagogisch planmäßige Arbeit bietet und
- 3. unter kommunaler Trägerschaft oder im Einvernehmen mit kommunalen Stellen arbeitet.
§ 10 Umfang der allgemeinen Förderung
(1) Das Land fördert nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes die Musikschulen mit einem durch den Staatshaushaltsplan festzulegenden Prozentsatz der Aufwendungen für pädagogisches Personal. Dieser darf 10 Prozent nicht unterschreiten.
(2) Der Zuschuß wird nur gewährt, wenn sich Gemeinden und Landkreis allein oder zusammen im mindestens gleichen Umfang an den Aufwendungen beteiligen.
§ 11 Besondere Förderung
Das Land gewährt nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes Zuschüsse zu den Verwaltungskosten des Landesverbandes der Musikschulen sowie zu landeszentral durchgeführten Weiterbildungsveranstaltungen.
UNTERABSCHNITT 3
Sonstige Einrichtungen
§ 12 Sonstige Träger und Einrichtungen
Das Land kann nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes sonstige Träger der außerschulischen Jugendbildung, insbesondere überverbandliche Bildungsstätten, Bildungswerke, überregionale Zusammenschlüsse örtlicher Einrichtungen, öffentlich-rechtliche Körperschaften, Landesjugendorchester und ähnliche Einrichtungen fördern. Die §§ 6 und 8 gelten sinngemäß.
UNTERABSCHNITT 4
Sonstige Förderprogramme
§ 13 Ausgleich sozialer Benachteiligung
Das Land kann nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes zum Ausgleich sozialer Benachteiligung besondere Förderungsmittel für Erholungsmaßnahmen bereitstellen.
§ 14 Maßnahmen von besonderer Bedeutung
Das Land kann über die Bestimmungen dieses Abschnittes hinaus nach Maßgabe des Staatshaushaltsplanes bestimmte Vorhaben, die für die außerschulische Jugendbildung in Baden-Württemberg von besonderer Bedeutung sind, fördern.
VIERTER ABSCHNITT
Landeskuratorium
§ 15 Landeskuratorium für außerschulische Jugendbildung
(1) Es wird ein Landeskuratorium gebildet. Seine Aufgabe ist es, die Landesregierung in Fragen der außerschulischen Jugendbildung zu beraten. Es fördert die Entwicklung durch Vorschläge, Empfehlungen und Gutachten auf diesem Gebiet und tragt zur Koordinierung und Kooperation der außerschulischen Jugendbildung bei. Das Landeskuratorium wird gehört in Fragen der Anerkennung von Trägern sowie zu grundsätzlichen Fragen der Förderung.
(2) Das Landeskuratorium besteht aus Mitgliedern zur Vertretung folgender Organisationen in der jeweils angegebenen Zahl:
- a) Landesjugendamt
(sechs Mitglieder) - b) Landesjugendamt,
Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten und Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit – Jugendaufbauwerk –
(je zwei Mitglieder), - c) Arbeitsgemeinschaft der Landjugendverbände,
Ring politischer Jugend,
Jugendbildungsstätten,
Landeszentrale für politische Bildung,
Mädchenarbeit,
Landesverband der Musikschulen,
Volksmusikverband,
Landesmusikrat,
Landesverband der Jugendkunstschulen,
Aktion Jugendschutz,
Jugendstiftung Baden-Württemberg,
Gemeindetag Baden-Württemberg,
Landkreistag Baden-Württemberg,
Städtetag Baden-Württemberg und
Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Jugendreferenten,
(je ein Mitglied) sowie - d) in der außerschulischen Jugendbildung erfahrene Persönlichkeiten (drei Mitglieder).
(3) Die Kultusministerin oder der Kultusminister beruft die Vertreter der Organisationen und ihre Vertreter auf deren Vorschlag, die übrigen Vertreter im Benehmen mit den zuständigen Ministerien, für die Dauer von vier Jahren. Die Mitglieder des Landeskuratoriums können nach Anhörung des Vorschlagsberechtigten aus wichtigem Grund abberufen werden. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig.
(4) Das Landeskuratorium wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Das Landeskuratorium gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Kultusministeriums bedarf.
(5) Die zuständigen Ministerien sind berechtigt, mit beratender Stimme an allen Sitzungen des Landeskuratoriums teilzunehmen.
FÜNFTER ABSCHNITT
Sonstige Vorschriften
§ 16 Personalverbund
(1) Angehörige des öffentlichen Dienstes können unter Fortfall der Dienstbezüge zum Dienst bei Trägern der außerschulischen Jugendbildung im Sinne dieses Gesetzes als hauptberufliche Mitarbeiter beurlaubt werden. Die Beurlaubung soll insgesamt zehn Jahre nicht überschreiten; sie kann in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden.
(2) Angehörige des öffentlichen Dienstes, die nebenamtlich als ständige Mitarbeiter bei Trägern der außerschulischen Jugendbildung tätig sind, sollen in angemessenem Umfang zur Teilnahme an Aus-oder Fortbildungsveranstaltungen für außerschulische Jugendbildung mit Dienstbezügen beurlaubt werden.
SECHSTER ABSCHNITT
Zuständigkeit, Übergangs- und Schlußvorschriften
§ 17 Zuständigkeiten
(1) Die öffentliche Anerkennung von Trägern der außerschulischen Jugendbildung im Sinne von § 4 wird ausgesprochen
- 1. vom Jugendamt, wenn der Träger im Wesentlichen im Bezirk des Jugendamtes tätig ist,
- 2. vom Landesjugendamt, wenn der Träger in den Bezirken mehrerer Jugendämter tätig ist, wobei in Fällen von landesweiter Bedeutung das Einvernehmen mit der obersten Landesjugendbehörde herzustellen ist,
- 3. von der obersten Landsjugendbehörde in den übrigen Fällen.
(2) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes gemäß § 9 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (JWG) vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1206) anerkannten oder gemäß § 11 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1963 (GBl. S. 99) als anerkannt geltende Träger der Jugendhilfe – Jugendpflege – gelten auch als anerkannt im Sinne des Gesetzes. Träger der außerschulischen Jugendbildung, die nach diesem Gesetz als anerkannt gelten, anerkannt wurden oder werden, gelten auch als anerkannt im Sinne des § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
(3) Die Anerkennung auf Landesebene schließt die Anerkennung der örtlichen Untergliederungen mit ein.
§ 18 Verwaltungsvorschriften
Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften erläßt das Kultusministerium im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien.
§ 19 (aufgehoben)
§ 20 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1975 in Kraft.