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SGB VIII C 175

Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG)

Vom 5. Februar 1993 (Nieders. GVBl. S. 45),
zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 15. Dezember 2006 (Nds. GVBl. S. 597)

Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

ERSTER ABSCHNITT
Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 1

(1)  Landkreise und kreisfreie Städte (örtliche Träger) erfüllen die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch

  • –  Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) innerhalb ihres eigenen Wirkungskreises durch das Jugendamt. Die Aufgaben des Jugendamts werden durch den Jugendhilfeausschuß und nach Maßgabe des § 70 Abs. 2 SGB VIII durch die Verwaltung des Jugendamtes wahrgenommen.

(2)  Örtliche Träger sind die Landeshauptstadt Hannover und auch solche kreisangehörigen Gemeinden, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des Absatzes 1 erfüllen. Das zuständige Ministerium hat die Bestimmung zum örtlichen Träger zurückzunehmen, wenn die Gemeinde dies beantragt oder ihre Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr gewährleistet ist.

(3)  Der örtliche Träger hat nach Maßgabe des § 80 SGB VIII die Jugendhilfeplanung zu erstellen und regelmäßig fortzuschreiben.

§ 2

Soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt, gelten die Vorschriften der Niedersächsischen Landkreisordnung oder der Niedersächsischen Gemeindeordnung.

§ 3

(1)  Die Vertretungskörperschaft legt für die Dauer der Wahlperiode fest, ob dem Jugendhilfeausschuß zehn oder fünfzehn stimmberechtigte Mitglieder angehören. Die Besetzung des Jugendhilfeausschusses mit stimmberechtigten Mitgliedern einschließlich ihrer Vertreter erfolgt nach § 71 Abs. 1 SGB VIII. Dabei soll von den nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII zu wählenden Mitgliedern die Hälfte von Trägern der Jugendarbeit vorgeschlagen worden sein.

(2)  Die Hälfte der Stimmberechtigten und der stellvertretenden Mitglieder sollen Frauen sein.

(3)  Stimmberechtigte Mitglieder, die nicht Mitglied der Vertretungskörperschaft des örtlichen Trägers sind, müssen ihre Hauptwohnung im Gebiet der Vertretungskörperschaft und das 18. Lebensjahr vollendet haben.

§ 4

(1)  Die Satzung bestimmt, daß dem Jugendhilfeausschuß weitere Mitglieder mit beratender Stimme angehören. In jedem Fall gehören dem Jugendhilfeausschuß an:

  • 1.  die Leiterin oder den Leiter des Jugendamts,
  • 2.  die Stadt- oder Kreisjugendpflegerin oder der Stadt- oder Kreisjugendpfleger,
  • 3.  Je eine Vertreterin oder ein Vertreter sowohl der evangelischen als auch der katholischen Kirche, die von den zuständigen kirchlichen Behörden vorzuschlagen sind, sowie eine Vertreterin oder ein Vertreter einer im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers bestehenden jüdischen Kultusgemeinde, die oder der von dem Landesverband der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen vorzuschlagen ist,
  • 4.  eine Lehrkraft, die von der unteren Schulbehörde benannt wird,
  • 5.  eine Elternvertreterin oder ein Elternvertreter oder eine Erzieherin oder ein Erzieher aus einer Kindertagesstätte,
  • 6.  eine kommunale Frauenbeauftragte oder eine in der Mädchenarbeit erfahrene Frau und
  • 7.  eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessen ausländischer Kinder und Jugendlichen

Die Zahl der beratenden Mitglieder soll die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder nicht überschreiten. § 3 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2)  Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte nimmt an den Sitzungen des Jugendhilfeausschusses teil. Sie oder er kann sich vertreten lassen.

(3)  Fraktionen und Gruppen der Vertretungskörperschaft, auf die bei der Verteilung der Sitze nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII kein Sitz entfallen ist, sind berechtigt, je ein zusätzliches Mitglied mit beratender Stimme zu entsenden.

§ 5

Nach Ablauf der Wahlperiode führt der Jugendhilfeausschuß seine Tätigkeit bis zur ersten Sitzung des neugebildeten Jugendhilfeausschusses fort. Das gleiche gilt bei Auflösung der Vertretungskörperschaft.

§ 6

(1)  Der Jugendhilfeausschuß beschließt in Angelegenheiten der Jugendhilfe nach Maßgabe des § 71 Abs. 3 SGB VIII, soweit nicht durch Satzung für bestimmte Gruppen solcher Angelegenheiten etwas anderes bestimmt ist oder die Vertretungskörperschaft sich im Einzelfall die Beschlußfassung vorbehalten hat.

(2)  Der Jugendhilfeausschuß beschließt über Widersprüche in Angelegenheiten der Jugendhilfe, sofern nicht die Zuständigkeit der Vertretungskörperschaft gegeben ist, weil sie in dieser Angelegenheit entschieden hatte. Der Jugendhilfeausschuß kann seine Zuständigkeit in Einzelfällen oder für bestimmte Gruppen solcher Angelegenheiten auf die Hauptverwaltungsbeamtin oder den Hauptverwaltungsbeamten übertragen.

(3)  Vor der Berufung der Leiterin oder des Leiters des Jugendamts ist der Jugendhilfeausschuß zu hören.

(4)  Die Leiterin oder der Leiter des Jugendamts berichtet dem Jugendhilfeausschuß regelmäßig über die Tätigkeit der Verwaltung des Jugendamts sowie über die Lage der Jugend im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers. Der Ausschuß kann von der Leiterin oder dem Leiter des Jugendamts die erforderlichen Auskünfte verlangen.

§ 7

Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses üben ihre Tätigkeit im Rahmen des Gesetzes nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl geleiteten Überzeugung aus. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Sie sind ehrenamtlich tätig. Der oder die Vorsitzende hat die Mitglieder auf die ihnen obliegenden Pflichten hinzuweisen.

§ 8

Im Jugendamt ist wenigstens eine Stelle für eine hauptamtlich tätige Jugendpflegerin oder einen hauptamtlich tätigen Jugendpfleger einzurichten. Die Stelle darf nur einer Fachkraft übertragen werden, die als Sozialpädagogin, Sozialpädagoge, Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter staatlich anerkannt ist oder eine mindestens gleichwertige Ausbildung hat.

ZWEITER ABSCHNITT
Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 9

(1)  Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist das Land.

(2)  Abweichend von § 69 Abs. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in der Fassung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729), werden die Aufgaben des überörtlichen Trägers von der Behörde oder den Behörden des Landes wahrgenommen, die die Landesregierung bestimmt. Bei der nach Satz 1 bestimmten Behörde wird ein Gremium gebildet, dessen Zusammensetzung und Aufgaben in Anlehnung an § 71 Abs. 4 SGB VIII zu bestimmen sind. Sind nach Satz 1 mehrere Behörden bestimmt worden, so wird bei den Behörden ein gemeinsames Gremium nach Satz 2 gebildet; es können auch mehrere Gremien gebildet werden.

(3)  Die durch Bundesrecht einem Landesjugendamt zugewiesenen Aufgaben nehmen die nach Absatz 2 Satz 1 bestimmten Behörden wahr.

§ 10

(1)  Das Land kann unbeschadet der sachlichen Zuständigkeit des örtlichen Trägers nach § 85 Abs. 1 SGB VIII zur Förderung von Vorhaben der Jugendhilfe Zuwendungen nach Maßgabe des Haushalts gewähren, insbesondere für Vorhaben der Jugendsozialarbeit, des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes und zur Förderung der Erziehung in der Familie.

§ 11
(aufgehoben)

§ 12
(aufgehoben)

DRITTER ABSCHNITT
Wahrnehmung örtlicher Aufgaben der Jugendhilfe durch Gemeinden

§ 13

(1)  Gemeinden, die nicht örtliche Träger nach § 1 Abs. 2 sind, können im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnehmen.

(2)  Gemeinden, die Aufgaben nach Absatz 1 wahrnehmen, bilden einen Jugendausschuß. Gemeinden unter 5000 Einwohner können von der Bildung eines Jugendausschusses absehen. Dem Jugendausschuß gehören als beratende Mitglieder Personen an, die von den im Bereich der jeweiligen Gemeinde wirkenden und anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe vorzuschlagen sind. § 3 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3)  Dem örtlichen Träger obliegt die Gesamtverantwortung für die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe einschließlich der Verantwortung für die Planung auch insoweit, als die Gemeinden Aufgaben nach Absatz 1 wahrnehmen. Die Gemeinden sind an der Jugendhilfeplanung des örtlichen Trägers zu beteiligen. Sie fördern im Rahmen ihrer Selbstverwaltung ergänzend die Angebote der Jugendarbeit (§ 11 SGB VIII).

VIERTER ABSCHNITT
Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

§ 14

(1)  Zuständig für die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe ist das Jugendamt, wenn der Wirkungskreis des Trägers nicht wesentlich über den Zuständigkeitsbereich des Jugendamts hinausreicht, sonst das Landesjugendamt. Die Anerkennung erfolgt nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 und 2 SGB VIII.

(2)  Die Anerkennung eines Trägers erstreckt sich auf die ihm angehörenden rechtlich unselbständigen Mitgliedergruppen und die ihm zum Zeitpunkt der Anerkennung angeschlossenen rechtlich selbständigen Vereinigungen, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Schließt sich eine rechtlich selbständige Vereinigung einem Träger an, nachdem dieser anerkannt wurde, so erstreckt sich die Anerkennung auch auf sie, wenn der Träger den Anschluß bei der Behörde anzeigt, die seine Anerkennung ausgesprochen hat, und diese der neu hinzugetretenen Vereinigung die Anerkennung nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige versagt, über die Anerkennung ist der Vereinigung auf Antrag eine Bescheinigung zu erteilen.

FÜNFTER ABSCHNITT
Kindertagespflege

§ 15

(1)  Die Erlaubnis zur Kindertagespflege befugt zur Betreuung von bis zu fünf fremden Kindern (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Sie kann im Einzelfall für die Betreuung von weniger Kindern erteilt werden. In der Erlaubnis ist zu bestimmen, wie viele Kinder zur Betreuung insgesamt angemeldet sein dürfen.

(2)  Kindertagespflege kann im Haushalt der Tagespflegeperson oder der Personenberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen durchgeführt werden. Werden mehr als acht fremde Kinder von mehreren Tagespflegepersonen in Zusammenarbeit betreut, so muss mindestens eine Tagespflegeperson eine pädagogische Fachkraft sein. Ist im Fall der gemeinsamen Nutzung von Räumen durch mehrere Tagespflegepersonen zum Zwecke der Betreuung die vertragliche und persönliche Zuordnung des einzelnen Kindes zu einer bestimmten Tagespflegeperson nicht gewährleistet, so handelt es sich um eine Tageseinrichtung.

SECHSTER ABSCHNITT
Jugendschutz

§ 16

(1)  Die Gemeinden, die ein Jugendamt errichtet haben, im übrigen die Landkreise, überwachen die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften in der Fassung vorn 12. Juli 1985 (Bundesgesetzbl. I S. 1502) und des Jugendschutzgesetzes vom 25. Februar 1985 (Bundesgesetzbl. I S. 425), geändert durch Artikel 21 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. Juni 1990 (Bundesgesetzbl. I S. 1221), in ihren jeweils geltenden Fassungen. Die Bediensteten dieser Stellen sind befugt, die Räume der in Absatz 3 bezeichneten Betriebe während der Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftszeiten zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen und in die geschäftlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(2)  Ist eine Prüfung von Schriften oder Gegenständen, die ihnen nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften gleichstehen, in den Räumen des Betriebes nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich, so sind die Inhaberin oder der Inhaber und die in den Räumen des Betriebes beschäftigten Personen verpflichtet, den Bediensteten der in Absatz 1 genannten Stellen diese Gegenstände zur Prüfung außerhalb der Räume des Betriebes auszuhändigen. Auf Verlangen ist darüber eine Bescheinigung zu erteilen. Die Gegenstände sollen spätestens nach fünf Tagen zurückgegeben werden, wenn nicht nach anderen Vorschriften eine Beschlagnahme angeordnet oder beantragt worden ist.

(3)  Der Überwachung nach den Absätzen 1 und 2 unterliegen Betriebe, die geschäftsmäßig die in § 1 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften genannten Gegenstände

  • 1.  verbreiten,
  • 2.  öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder
  • 3.  anbieten, ankündigen oder anpreisen.

SIEBENTER ABSCHNITT
Schlußvorschriften

§ 17

(1)  Die Geltung von Artikel 11 Abs. 1 und Artikel 15 Abs. 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) vom 26. Juni 1990 (Bundesgesetzbl. I S. 1163) wird ausgeschlossen.

(2)  Maßnahmen der Frühförderung für Kinder sind unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und nicht nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz.

§ 18

(1)  (überholt)

(2)  Mitgliedsgemeinden einer Samtgemeinde, die am Tage vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne des § 13 wahrgenommen haben, können die bisher wahrgenommenen Aufgaben weiter wahrnehmen.

§ 18a

Für die Durchführung der Landesgesetze auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe sowie für Fördermaßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe gelten die Vorschriften des Ersten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

§ 19

(1)  Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1993 in Kraft. Abweichend hiervon tritt § 15 am 1. April 1993 in Kraft. § 17 ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß abweichend von Artikel 11 Abs. 1 KJHG die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz nur bis zum 31. März 1993 den Leistungen der Jugendhilfe vorgehen.

(2)  Das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt in der Fassung vom 26. Januar 1990 (Nieders. GVBl. S. 45), geändert durch Artikel 25 des Niedersächsischen Rechtsvereinfachungsgesetzes 1990 vom 22. März 1990 (Nieders. GVBl. S. 101), tritt mit Ausnahme seines § 28 mit Ablauf des 31. Dezember 1992 außer Kraft. § 28 tritt mit Ablauf des 31. März 1993 außer Kraft.

(3)  Die Jugendhilfeausschüsse sind bis zum 30. Juni 1993 neu zu bilden. Bis zur Neubildung gilt § 5 entsprechend.

 

 




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