SGB XI: Pflegeversicherung vorherige Versionen anzeigen

naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 1  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97  

SGB XI C 443

Bekanntmachung der Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe
zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens
zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI
in vollstationären Pflegeeinrichtungen

vom 21. Oktober 1996 (BAnz. 1996 Nr. 213 S. 12041)

Vorbemerkung

Gemäß § 80 SGB XI vereinbaren die Spitzenverbände der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene gemeinsam und einheitlich Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und die Qualitätssicherung der ambulanten und stationären Pflege sowie für das Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen. Sie arbeiten dabei mit dem Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen, den Verbänden der Pflegeberufe und den Verbänden der Behinderten eng zusammen. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen; sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

Die nachstehend veröffentlichten Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen wurden am 7. Marz 1996 beschlossen. Nach Abschluß des Unterschriftenverfahrens erfolgt nunmehr die Veröffentlichung.

Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe
zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens
zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI
in vollstationären Pflegeeinrichtungen

vom 7. März 1996

der Vereinigungen der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene

  • –  Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V., Bonn
  • –  Deutscher Caritasverband e. V., Freiburg
  • –  Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Gesamtverband e. V., Frankfurt a. M.
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 2  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
  • –  Deutsches Rotes Kreuz e. V., Bonn
  • –  Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e. V., Stuttgart
  • –  Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V., Frankfurt a. M.
  • –  Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V., Essen
  • –  Bundesverband Privater Alten- und Pflegeheime und soziale Dienste e. V., Bonn
  • –  Arbeitsgemeinschaft Privater Heime e. V., Bonn

der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, Karlsruhe

der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Köln, sowie

der Spitzenverbände der Pflegekassen

  • –  AOK-Bundesverband, Bonn
  • –  BKK-Bundesverband, Essen
  • –  IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach
  • –  See-Krankenkasse, Hamburg
  • –  Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel
  • –  Bundesknappschaft, Bochum
  • –  Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., Siegburg
  • –  AEV – Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., Siegburg

Präambel

Zur Sicherstellung einer qualifizierten vollstationären ganzheitlichen Pflege und Versorgung haben die Vereinigungen der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sowie die Spitzenverbände der Pflegekassen in enger Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen sowie den Verbänden der Pflegeberufe und den Verbänden der Behinderten die nachstehenden Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie das Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen vereinbart. Die Partner dieser Vereinbarung sind sich darin einig, daß die Sicherstellung einer ganzheitlichen Pflege und Versorgung die Verantwortung aller Beteiligten erfordert.

Die Vereinbarung ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich (§ 80 Abs. 1 SGB XI) und ist bei allen weiteren Vereinbarungen nach dem SGB XI zwischen den Vertragsparteien heranzuziehen.

Für die Pflege von Behinderten in den Einrichtungen der Behindertenhilfe gilt diese Vereinbarung nicht. Soweit in solchen Einrichtungen Pflege erbracht wird, sollen die dafür geltenden Qualitätsmaßstäbe gesondert vereinbart werden.

naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 3  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
1 Grundsätze
1.1 Ziele
Vollstationäre Pflegeeinrichtungen erbringen Leistungen auf der Basis der folgenden Ziele:
Die Pflege und Versorgung der Bewohner in einer vollstationären Pflegeeinrichtung wird auf Dauer sichergestellt, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheiten der einzelnen Lebenssituation des Bewohners nicht in Betracht kommt.
Die Pflege und Versorgung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung orientiert sich an einer menschenwürdigen Lebensqualität und Zufriedenheit des Bewohners. Unter besonderer Berücksichtigung der Biographie und bisherigen Lebensgewohnheiten trägt sie zur Befriedigung der körperlichen, geistigen, sozialen und seelischen Bedürfnisse des Bewohners bei und bietet Hilfestellung bei der Bewältigung von Lebenskrisen.
Die Erhaltung und Wiedergewinnung einer möglichst selbständigen Lebensführung bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens des Bewohners ist anzustreben. Soweit es die individuelle Pflegesituation und das soziale Umfeld zulassen, ist die Rückkehr in eine eigene Häuslichkeit zu fördern.
Die Tages- und Nachtstrukturierung wird bewohnerorientiert ausgerichtet. Die Gestaltung eines vom Bewohner als sinnvoll erlebten Alltags sowie die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben sind zu ermöglichen. Die Bewohner werden bei der Wahrnehmung ihrer Wahl- und Mitsprachemöglichkeiten unterstützt.
Auf eine Vertrauensbeziehung zwischen dem Bewohner und den an der Pflege und Versorgung Beteiligten wird hingearbeitet.
Die an der Pflege und Versorgung Beteiligten arbeiten partnerschaftlich zusammen. Hierzu gehört ein regelmäßiger Informations- und Erfahrungsaustausch. Mit dem Heimbeirat wird eng zusammengearbeitet.
Die Pflege und Versorgung wird bedarfsgerecht und flexibel an Veränderungen der Pflegesituation angepaßt. Dabei soll ein Zimmerwechsel möglichst vermieden werden.
Die Pflege wird fachlich kompetent nach den allgemein anerkannten pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen, bedarfsgerecht und wirtschaftlich erbracht.
1.2 Ebenen der Qualität
Die Qualität umfaßt die Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität.
Strukturqualität
Die Strukturqualität stellt sich in den Rahmenbedingungen des Leistungsprozesses dar. Hierunter ist insbesondere die personelle,
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 4  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
räumliche und sachliche Ausstattung der vollstationären Pflegeeinrichtung zu subsumieren.
Prozeßqualität
Prozeßqualität bezieht sich auf den ganzheitlichen Pflege- und Versorgungsablauf sowie die Unterkunft. Es geht dabei unter anderem um die Pflegeanamnese und -planung, die Koordinierung und Ausführung der Leistungen sowie die Dokumentation des Pflegeprozesses.
Ergebnisqualität
Die Ergebnisqualität ist als Zielerreichungsgrad der Maßnahmen im Rahmen des ganzheitlichen Pflege- und Versorgungsablaufs zu verstehen. Zu vergleichen sind die angestrebten Ziele mit dem tatsächlich erreichten Zustand unter Berücksichtigung des Befindens und der Zufriedenheit des Bewohners.
1.3 Qualitätssicherung
1.3.1 Interne und externe Qualitätssicherung
Maßnahmen der Qualitätssicherung und ihre institutionelle Verankerung können unterschiedlich gestaltet werden. Es sind hier Maßnahmen der internen und externen Qualitätssicherung zu unterscheiden.
Die interne Qualitätssicherung bezieht sich auf jede Einrichtung und umfaßt die diesbezüglichen Maßnahmen der vollstationären Pflegeeinrichtungen zur Qualitätssicherung. Jede Pflegeeinrichtung ist für die Qualität ihrer Leistungen verantwortlich.
Bei der externen Qualitätssicherung handelt es sich um unterschiedliche Formen von Beratung und Außenkontrolle, sei dies im Rahmen rechtlicher Verpflichtungen oder freiwilliger Prüfung.
1.3.2 Zentrale und dezentrale Methoden
Verfahren und Methoden zur Qualitätssicherung unterscheiden sich in zentrale und dezentrale.
Zentrale Methoden zeichnen sich in der Regel durch ein wissenschaftlich fundiertes Instrumentarium aus, das die Art und Weise der Durchführung der Leistungen anhand von Standards und Kriterien vorgibt.
Dezentrale Methoden sehen die Anpassung und Umsetzung von Standards und Kriterien pflegerischer Arbeit und ihre Kontrolle durch die beruflichen Akteure vor Ort selbst vor.
2 Leistungserbringer
Leistungserbringer für die vollstationäre Pflege sind:
–  vollstationäre Pflegeeinrichtungen freigemeinnütziger Träger
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 5  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
–  vollstationäre Pflegeeinrichtungen privater Träger
–  vollstationäre Pflegeeinrichtungen öffentlicher Träger
Vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne dieser Grundsätze und Maßstäbe sind – unabhängig von der Trägerschaft – selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen pflegebedürftige Personen auf Dauer wohnen und unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft ganzheitlich und geplant gepflegt werden.
3 Qualitätsmaßstäbe
3.1 Strukturqualität
3.1.1 Struktureller Rahmen der vollstationären Pflegeeinrichtung
3.1.1.1 Pflegeeinrichtungen als Organisation
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung ist eine auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln, die in der Lage sein muß, eine ganzheitliche Pflege und Versorgung der Bewohner zu gewährleisten.
3.1.1.2 Verantwortliche Pflegefachkraft
Die von der vollstationären Pflegeeinrichtung angebotenen Pflegeleistungen sind unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft (vgl. Punkt 3.1.2) durchzuführen.
Pflege unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft bedeutet, daß diese auf der Basis der unter Punkt 1.1 genannten Ziele unter anderem verantwortlich ist für:
–  die Anwendung der beschriebenen Qualitätsmaßstäbe im Pflegebereich
–  die fachliche Planung der Pflegeprozesse
–  die fachgerechte Führung der Pflegedokumentation
–  die an dem Pflegebedarf orientierte Dienstplanung der Pflegekräfte
–  die regelmäßige Durchführung der Dienstbesprechungen innerhalb des Pflegebereichs.
Der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung stellt sicher, daß bei Ausfall der verantwortlichen Pflegefachkraft (z. B. durch Verhinderung, Krankheit oder Urlaub) die Vertretung durch eine Pflegefachkraft mit der Qualifikation nach Punkt 3.1.2.1 gewährleistet ist.
3.1.1.3 Fort- und Weiterbildung
Der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung ist verpflichtet, die fachliche Qualifikation der Leitung und der Mitarbeiter durch funktions- und aufgabenbezogene Fort- und Weiterbildung sicherzustellen. Ihr Fachwissen ist regelmäßig zu aktualisieren, Fachliteratur ist zugänglich vorzuhalten.
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 6  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
3.1.2 Voraussetzungen für die Übernahme der Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft
3.1.2.1 Pflegefachkraft
Die fachlichen Voraussetzungen als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Pflege-Versicherungsgesetzes erfüllen Personen, die
a) die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichung „Krankenschwester/Krankenpfleger“ oder „Kinderkrankenschwester/Kinderkrankenpfleger“ – entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung – besitzen,
b) die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin/Altenpfleger“ staatlicher Anerkennung – aufgrund einer landesrechtlichen Regelung – besitzen.
3.1.2.2 Weitere Eignungen
Die Eignung zur Übernahme der ständigen Verantwortung ist ferner davon abhängig, daß
a) innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens zwei Jahre ein unter Punkt 3.1.2.1 genannter Beruf hauptberuflich ausgeübt wurde und
b) der Abschluß einer Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenanzahl von 460 Stunden vorliegt. Verantwortliche Pflegefachkräfte, die über eine entsprechende Weiterbildung nicht verfügen, müssen im Rahmen einer Übergangsfrist von sieben Jahren nach Abschluß der Vereinbarung diese Qualifikation erworben haben. Bei Vorliegen langjähriger Berufstätigkeit in dieser Funktion und einschlägiger Fortbildung können auf begründeten Antrag des Trägers innerhalb dieser Frist im Einzelfall von den Vertragspartnern nach § 72 Abs. 2 SGB XI Ausnahmen zugelassen werden,
oder
der Abschluß einer Ausbildung im Pflegemanagement an einer Fachhochschule oder Universität vorliegt.
3.1.2.3 Hauptberufliche Beschäftigung
Die verantwortliche Pflegefachkraft muß in dieser Funktion in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig sein, soweit sie nicht Inhaber der vollstationären Pflegeeinrichtung ist. Die Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch erfüllt, sofern die verantwortliche Pflegefachkraft Eigentümer oder Gesellschafter der Pflegeeinrichtung ist und die Tätigkeitsschwerpunkte der Pflegedienstleitung sich auf die jeweilige Pflegeeinrichtung beziehen. Ausgenommen von der Regelung sind Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Kirchenbeamte.
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 7  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
3.1.3 Geeignete Kräfte
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung hat unter Berücksichtigung von Punkt 3.1.6 zur Erfüllung der individuellen Erfordernisse des Bewohners im Rahmen der Pflege und Versorgung geeignete Kräfte entsprechend ihrer fachlichen Qualifikation bereitzustellen.
Hilfskräfte und angelernte Kräfte werden nur unter der fachlichen Anleitung einer Fachkraft tätig.
3.1.4 Räumliche Voraussetzungen
Dem Wunsch des Bewohners nach Wohnen in einem Einzel- oder Doppelzimmer soll Rechnung getragen werden. Das Wohnen in Einzelzimmern ist anzustreben.
Die Wohnräume der Bewohner sind so zu gestalten, daß sie den angemessenen individuellen Wünschen und Bedürfnissen nach Privatheit und Wohnlichkeit entsprechen. Die Aufstellung eigener Möbel und die Mitnahme persönlicher Dinge, insbesondere eigene Wäsche, ist möglich.
Außerdem sollen den Bewohnern
–  beschilderte, sicher zu erreichende sowie alten- und behindertengerechte Zugänge zu der Pflegeeinrichtung,
–  eine direkte Zufahrt für Fahrzeuge,
–  eine alten- und behindertengerechte Ausstattung
–  sowie ein angemessenes Angebot an Gemeinschafts- und Therapieräumen
zur Verfügung stehen.
3.1.5 Weitere Voraussetzungen
Der Träger der Einrichtung stellt die fachliche Qualität der hauswirtschaftlichen Versorgung sicher.
Allgemein anerkannte Hygienestandards werden beachtet, ohne daß der wohnliche Charakter beeinträchtigt wird.
Ein altersgerechtes, abwechslungsreiches und vielseitges Speisenangebot einschließlich des Angebots an individuell geeigneter Diätkost wird zur Verfügung gestellt. Die Essenszeiten sind flexibel gestaltet.
3.1.6 Kooperationen mit anderen Leistungserbringern
Zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages können zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit anderen Leistungserbringern kooperieren. Bei pflegerischen Leistungen darf nur mit zugelassenen Leistungserbringern (§ 72 SGB XI) kooperiert werden. Soweit eine Pflegeeinrichtung Leistungen Dritter in Anspruch nimmt, bleibt die Verantwortung für die Leistungen und die Qualität bei der auftraggebenden Pflegeeinrichtung bestehen.
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 8  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
3.2 Prozeßqualität
Im Rahmen der Prozeßqualität hat die vollstationäre Pflegeeinrichtung zur Durchführung einer qualifizierten ganzheitlichen Pflege und Vesorgung folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
3.2.1 Darstellung der vollstationären Pflegeeinrichtung
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung stellt ihre Leistungen schriftlich dar. Diese Information hat insbesondere Angaben zu enthalten über:
–  das vorgehaltene Leistungsangebot und die dafür zu zahlenden Preise
–  das Pflegekonzept
–  die räumliche und personelle Ausstattung
–  Beratungsangebote
–  Beteiligung an Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Zur Information eines Bewerbers gehört auch der bei Vertragsabschluß in Frage kommende Heimvertrag mit seinen Nebenbestimmungen (siehe auch § 4 Abs. 4, § 4 e HeimG).
3.2.2 Pflegeprozeß
3.2.2.1 Pflegekonzeption
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung verfügt über eine dem allgemeinen Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Pflegekonzeption, die auf die Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen des täglichen Lebens und die individuelle Situation des Bewohners aufbaut.
3.2.2.2 Vorbereitung des Einzugs
Der Umzug in die Einrichtung wird mit dem zukünftigen Bewohner und seinen Angehörigen vorbereitet. Hierzu soll ein Besuch in der eigenen Häuslichkeit oder im Krankenhaus durchgeführt werden. Dabei sind unter anderem der Hilfebedarf, die gewünschten bzw. notwendigen Versorgungsleistungen und die individuellen Gewohnheiten des zukünftigen Bewohners zu besprechen. Über die Mitnahme persönlicher Dinge wird der zukünftige Bewohner beraten.
3.2.2.3 Pflegeplanung
Für jeden Bewohner ist eine individuelle Pflegeplanung unter Einbezug der Informationen des Bewohners, der Angehörigen oder anderer an der Pflege Beteiligten durchzuführen. Die Empfehlungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach § 18 Abs. 5 SGB XI werden berücksichtigt Die Möglichkeiten der aktivie-
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 9  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
renden Pflege und die beim Bewohner vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten zur Einbeziehung in den Pflegeprozeß sind herauszuarbeiten und die Pflegeziele festzulegen. Den individuellen Wünschen und Bedürfnissen des Bewohners ist dabei Rechnung zu tragen.
Die individuelle Pflegeplanung muß der Entwicklung des Pflegeprozesses entsprechend kontinuierlich aktualisiert werden. Dazu gehört auch eine geeignete Pflegedokumentation. Pflegerische Leistungen sind mit hauswirtschaftlichen sowie anderen Versorgungsbereichen abzustimmen.
Die soziale und kulturelle Integration des Bewohners in das gesellschaftliche Umfeld wird bei der Festlegung der Pflegeziele berücksichtigt. Die Gemeinschaft unter den Bewohnern wird ermöglicht und gefördert.
3.2.3 Pflegedokumentation
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung hat eine geeignete Pflegedokumentation sachgerecht und kontinuierlich zu führen, aus der heraus das Leistungsgeschehen und der Pflegeprozeß abzuleiten sind. Die Dokumentation ist mindestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Leistungserbringung aufzubewahren.
3.2.4 Pflegeteams
Durch die Bildung überschaubarer Pflegeteams ist größtmögliche personelle Kontinuität sicherzustellen.
3.2.5 Dienstplanung
Die Dienstplanung wird bewohnerorientiert nach den Notwendigkeiten einer ausreichenden und zweckmäßigen Pflege von der verantwortlichen Pflegefachkraft vorgenommen. Die Koordination mit anderen an der Versorgung beteiligten Beschäftigten der Einrichtung wird von dem Träger der Einrichtung sichergestellt. Dazu ist ein regelmäßiger Informationsaustausch in Form von Dienstbesprechungen durchzuführen.
3.2.6 Einbeziehung der Angehörigen
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung fördert den Kontakt des Bewohners zu den ihm nahestehenden Personen.
3.2.7 Vernetzung mit weiteren Institutionen
Im Rahmen einer ganzheitlichen Pflege und Versorgung soll die vollstationäre Pflegeeinrichtung zur Vernetzung mit weiteren Institutionen zusammenarbeiten. Hierzu zählen insbesondere
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 10  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
–  die Sozialleistungsträger,
–  der MDK,
–  der behandelnde Arzt.
–  ambulante Pflegedienste, teilstationäre Einrichtungen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen,
–  Krankenhäuser und
–  Leistungserbringer im Rahmen ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen.
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung fördert die soziale Integration des Bewohners in das örtliche Gemeinwesen.
Sie unterstützt den Bewohner bei Bedarf bei der Inanspruchnahme ärztlicher, therapeutischer oder rehabilitativer Maßnahmen auch außerhalb der Pflegeeinrichtung.
3.3 Ergebnisqualität
3.3.1 Ergebnisprüfung
Das Ergebnis der Pflege und Versorgung ist regelmäßig zu überprüfen. Hierbei ist insbesondere darauf abzustellen, inwieweit die aktivierende Pflege zielorientiert durchgeführt worden ist sowie die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Bewohners Berücksichtigung gefunden haben.
Das Ergebnis der Überprüfung ist mit den an der Pflege und Versorgung Beteiligten und dem Bewohner, auf seinen Wunsch unter Beteiligung der ihm nahestehenden Personen, zu erörtern und zu dokumentieren.
3.3.2 Inhalt der Ergebnisprüfung
In jedem Fall ist Stellung zu nehmen zu
–  der Erhaltung vorhandener Selbstversorgungsfähigkeiten und Reaktivierung solcher, die verlorengegangen sind,
–  der Erhaltung und Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit,
–  der Unterstützung der allgemeinen Orientierungsfähigkeit,
–  der Bewältigung von Krisensituationen,
–  der Ermöglichung der Teilhabe am sozialen Umfeld und der Wahl- und Mitspracherechte sowie
–  dem Grad der Zufriedenheit des Bewohners.
4 Maßnahmen der vollständigen Pflegeeinrichtung zur Qualitätssicherung
4.1 Geeignete Maßnahmen zur Qualitätssicherung
Der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung ist dafür verantwortlich, daß Maßnahmen zur internen Sicherung der Struktur-,
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 11  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
Prozeß- und Ergebnisqualität festgelegt und durchgeführt werden. Er veranlaßt die Anwendung und Optimierung anerkannter Verfahrensstandards in der Pflege und Versorgung.
Der Träger soll sich ferner an Maßnahmen der externen Qualitätssicherung beteiligen.
Maßnahmen der externen und internen Qualitätssicherung können sein:
–  die Einrichtung von Qualitätszirkeln,
–  die Einsetzung eines Qualitätsbeauftragten,
–  die Mitwirkung an Qualitätskonferenzen,
–  die Mitwirkung an Assessmentrunden,
–  die Entwicklung und Weiterentwicklung von Verfahrensstandards für die Pflege und Versorgung.
4.2 Nachweis
Die vollstationäre Pflegeeinrichtung hat die Durchführung von und die Beteiligung an Qualitätssicherungsmaßnahmen zu dokumentieren und auf Anforderung der Landesverbände der Pflegekassen nachzuweisen.
5 Gemeinsame Konsultation
Zwischen den Pflegekassen, ihren Landesverbänden und dem Träger der Pflegeeinrichtung können Konsultationen über Qualitätsfragen vereinbart werden. Dabei soll ein Vertreter des Heimbeirates oder der Heimfürsprecher beteiligt werden.
6 Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen
6.1 Notwendigkeit und Mitteilung einer Qualitätsprüfung
Wird von einer Pflegekasse die Notwendigkeit einer Qualitätsprüfung als gegeben angesehen, ist über die Landesverbände der Pflegekassen eine Prüfung einzuleiten.
Dem Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung und der Vereinigung, der der Träger angehört, teilen die Landesverbände der Pflegekassen die Durchführung, den Gegenstand, den Umfang sowie den Zeitpunkt der Prüfung mit.
Zur Durchführung der Qualitätsprüfung ist dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder den von den Landesverbänden der Pflegekassen bestellten Sachverständigen Zugang zu gewähren.
6.2 Auskunftspflicht und Grundlage der Prüfung
Vom Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung oder dessen Beauftragten sind dem Prüfer auf Verlangen die für die Qualitätsprü-
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 12  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
fung notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen.
Grundlage der Prüfung bilden unter anderem die Unterlagen der Pflegedokumentation.
6.3 Ergebnis der Prüfung
Über die Qualitätsprüfung ist von dem Prüfer ein Bericht zu erstellen, aus dem der Gegenstand der Prüfung und das Ergebnis der Prüfung sowie notwendige Maßnahmen zur Beseitigung von Qualitätsdefiziten aufgezeigt werden. Der Bericht geht innerhalb von sechs Wochen nach Abschluß der Prüfung dem Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung, der Vereinigung, der der Träger angehört, und den Landesverbänden der Pflegekassen zu.
7 Inkrafttreten, Kündigung
Die Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1996 in Kraft.
Sie kann von jedem Vereinbarungspartner mit einer Frist von einem Jahr zum Jahresende, frühestens aber zum 31. Dezember 1999 gekündigt werden. Für den Fall der Kündigung verpflichten sich die Vereinbarungspartner, unverzüglich in Verhandlungen über eine neue Vereinbarung einzutreten.
Bonn, den 21. Oktober 1996
Arbeiterwohlfahrt – Bundesverband e. V., Bonn
Deutscher Caritas-Verband e. V., Freiburg
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
Gesamtverband e. V., Frankfurt a. M.
Deutsches Rotes Kreuz e. V. – Generalsekretariat, Bonn
Diakonisches Werk der EKD e. V., Stuttgart
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. Frankfurt a. M.
Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V., Essen
Bundesverband Privater Alten- und Pflegeheime
und sozialer Dienste e. V., Bonn
Arbeitsgemeinschaft Privater Heime e. V., Essen
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger
der Sozialhilfe, Karlsruhe
Für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände:
– Deutscher Städtetag, Köln
– Deutscher Landkreistag, Bonn
– Deutscher Städte- und Gemeindebund, Düsseldorf
naechst © ESV  –  SGB XI C 443 Seite 13  –  SGB XI, 9. Lfg. V/97 vorherig
AOK-Bundesverband, Bonn
BKK-Bundesverband, Essen
IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach
See-Krankenkasse, Hamburg
Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel
Bundesknappschaft, Bochum
Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., Siegburg
AEV–Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., Siegburg
  © ESV vorherig

 

 




Kommentar