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Verwertbares Vermögen bei ALG-2-Bezug 
02.11.2016

BSG: Hartz-IV-Empfänger müssen zu großes Haus verkaufen

ESV-Redaktion Recht
Ein zu großes Eigenheim kann Zuschussleistungen nach SGB II entgegenstehen (Foto: Wolfilser/Fotolia.com)
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.10.2016 können Bezieher von Harz-IV-Leistungen verpflichtet sein, ihr selbst genutztes Eigenheim als verwertbares Vermögen zu verkaufen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Haus im Verhältnis zu der dort lebenden Personenzahl zu groß ist.

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 143,93 qm. Sie bezogen das Haus zunächst mit ihren vier Kindern. In dem streitbefangenen Zeitraum ab Dezember 2009 bewohnten sie es aber nur noch zusammen mit einem Sohn. Den entsprechenden Fortzahlungsantrag der Kläger lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass das selbstgenutzte Hausgrundstück bei dieser Größe als Vermögen zu berücksichtigen wäre. Leistungen bewilligte der Beklagte deshalb nur noch darlehensweise.

Klage vor dem SG Aurich erfolgreich

Das Sozialgericht Aurich hat den Beklagten anschließend dazu verurteilt, den Klägern die Leistungen als Zuschuss zu gewähren. Nach Meinung des SG gehörte das Haus bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes beim Einzug zum Schonvermögen. Änderungen in der Zahl der Bewohner hielt das Gericht für unschädlich.

LSG: Verwertung des Hausgrundstücks keine besondere Härte

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hingegen wies die Klage ab. Danach muss das Hausgrundstück als Vermögen berücksichtigt werden. Das LSG stellte auf die Lebensumstände während des Leistungsbezuges ab. In diesem Zeitraum sei das Haus nur von drei Personen bewohnt worden. Damit übersteige die Wohnfläche des Hauses die Wohnflächengrenze nicht unerheblich.

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Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Revision gegen das Urteil des LSG zurückgewiesen. Danach gilt nur ein Haus von angemessener Größe als Schonvermögen.

BSG: Lebensumstände zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges sind maßgebend

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Angemessenheit der Wohnfläche wären nach § 12 Absatz 3 Satz 2 SGB II nach Auffassung des BSG die Lebensumstände während des Leistungsbezuges.

Im Wortlaut: Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende
§ 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
(1) …
(2) ...
(3) [Satz 1] Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen ………
[Satz 2] Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend.
(4) ...
 
Für die zuletzt drei Personen, die das Haus bewohnten, seien nur noch 110 qm als Schonvermögen geschützt.

Ob das Haus mit seiner Größe früher angemessen war, ist nach Auffassung des BSG unerheblich. Zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs wäre die Größe einer angemessenen Wohnung deutlich überschritten worden. Die Eltern müssen daher ihr Eigenheim als Vermögen einsetzen, so das Gericht. Bis zu einem Verkauf könne die Familie aber Hartz IV als Darlehen bekommen. Inwieweit insbesondere die Mehrkosten für Wohnungssuche, Umzug und Mietübernahme in eine wirtschaftliche Betrachtung eingeflossen sind, darüber gibt die Presseinformation keine Auskunft.
Weiterführende Literatur
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  • Der Kommentar Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch (SGB) II: Grundsicherung für Arbeitsuchende, versteht sich als Erläuterungswerk für die Praxis. Es wendet sich an Praktiker in der Sozialverwaltung und den Kommunen, an die Anwaltschaft, die Gerichte sowie an die Sozialpartner. Er enthält alle notwendigen Informationen rund um die aktuellen Regelungen und zeigt die Zusammenhänge des SGB II zum übrigen Sozialrecht auf.

(ESV/bp)