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Corona-Impfschaden und Arbeitsunfall 
22.12.2022

SG Konstanz lehnt Arbeitsunfall nach Impfung gegen Corona ab

ESV-Redaktion Recht
Die Hürden, sich nach gesundheitlichen Schäden im Anschluss an eine Corona-Impfung erfolgreich auf einen ausgleichspflichtigen Dienstunfall zu berufen, sind hoch (Foto: Matthias Stolt / stock.adobe.com)
Können gesundheitliche Schäden nach einer Corona-Impfung Arbeitsunfälle sein? Diese Frage beschäftigt die Gerichte zunehmend. Nachdem das VG Hannover im Falle einer Lehrerin einen Dienstunfall ablehnte, berief sich nun eine Sozialarbeiterin nach einer Impfung auf einen Arbeitsunfall.


In dem Streitfall war die Klägerin als Sozialarbeiterin in einer Behörde beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte sie regelmäßig persönliche Kontakte. Am 27.03.2021 ließ sie sich mit AstraZeneca gegen Corona impfen. Etwa eine Woche später klagte sie über starke Kopfschmerzen und kurz darauf wurde sie wegen Gedächtnisverlust, Verwirrtheit und Desorientierung stationär behandelt. Seitdem ist die Klägerin krankgeschrieben.
 
In diesem Zusammenhang kam unter anderem der Verdacht auf eine Enzephalitis auf. Darunter ist eine Entzündung des Gehirn-Gewebes zu verstehen, die häufig durch Viren verursacht wird.
 
Darüber hinaus diagnostizierten die Ärzte bei ihr ein Chronic-Fatigue-Syndrom, das zu einer besonders schnellen und lang anhaltenden Erschöpfung führt. Die Folge: Der normale Alltag ist für die Patienten kaum noch zu bewältigen. 
 
Gegenüber dem beklagten Unfallversicherungsträger berief die Klägerin sich dann auf einen Arbeitsunfall. Nach ihrem Vortrag erhielt sie von ihrem Arbeitgeber mehrere E-Mails, in denen den Mitarbeitern nahegelegt wurde, sich gegen Corona impfen zu lassen. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur höchsten Prioritätsstufe konnte sie dann vorzeitig geimpft werden.
 
Laut Auskunft des Arbeitgebers hatte dieser seine Mitarbeiter über die neuesten Impfstrategien des Landes Baden-Württemberg informiert. Allerdings wurde jedem Mitarbeiter freigestellt, sich impfen zu lassen. Der Fall landete schließlich vor dem SG Konstanz.

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SG Konstanz: Keine Pflicht zur Impfung aus Beschäftigungsverhältnis

Nach Auffassung des SG lag kein Arbeitsunfall vor. Dabei ließ das Gericht offen, ob zwischen der Impfung und der versicherten Tätigkeit ein Zusammenhang besteht. Die weiteren Erwägungen des Gerichts:
 
  • Keine Rechtspflicht zur Impfung: Aus dem Beschäftigungsverhältnis folgt keine rechtliche Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen. Die Impf-Priorisierung diente lediglich der sachgerechten Zuteilung, weil die Impfmöglichkeiten damals eingeschränkt waren.
  • Persönlicher Lebensbereich der Klägerin: Darüber hinaus hatte der Arbeitgeber nicht nur seine eigenen Beschäftigten im Blick, sondern dieser verfolgte als staatliche Stelle auch das Ziel, die Impfquote in Deutschland zu erhöhen. Vorliegend gehörte die Impfung als Maßnahme zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit daher zum persönlichen Lebensbereich der Klägerin.
  • Impfschaden im Sinne von § 60 IfSG unerheblich: Dem SG zufolge war es auch nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin einen Impfschaden nach § 60 IfSG erlitten hatte und danach entschädigt werden kann. Diese Frage gehörte nicht zum Verfahrensgegenstand.
Einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt hat die Klägerin gestellt. Über diesen wurde aber noch nicht entschieden.
 
Quelle: PM des SG Konstanz vom 20.12.2022 zum Urteil vom 09.12.2022 – S 1 U 1276/22


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(ESV/bp)