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Verfahrensrecht 
03.07.2023

BSG zum Rechtsweg bei Streitigkeiten um Vergütung von Corona-Bürgertests

ESV-Redaktion Recht
BSG: Die Vergütung der Impfzentren erfolgt aus Steuermitteln – daher liegt keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenkassen vor (Foto: oray / stock.adobe.com)
Welcher Rechtsweg gilt für Abrechnungsstreitigkeiten zwischen einem Corona-Testzentrum und einer kassenärztlichen Vereinigung, wenn der öffentliche Gesundheitsdienst das Test-Zentrum mit der Durchführung von Corona-Test beauftragt hatte? Hierüber hat das BSG aktuell entschieden.


In der Hauptsache des Streitfalls hatte die Klägerin, die ein Corona-Testzentrum betrieb, gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung für Aprill 2022 eine Vergütung 38.675,34 EUR für 3.447 Test-Abstriche beansprucht.

Mit Bescheid vom 25.08.2022 setzte die Beklagte voererst aber nur 14.025 Euro fest – bei Berücksichtigung einer Testkapazität von 1.250 Abstrichen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2022 erkannte die Beklagte dann eine Höhe von 17.250 EUR an, bei 1.500 Abstrichen. Gegen den obigen Widerspruchsbescheid zog die Klägerin dann vor das SG Berlin.

Klägerin: Corona-Tests sind Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (gKV)

Nach Auffassung der Klägerin ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, weil es um eine Angelegenheit auf dem Gebiet der gKV geht. Demnach sieht der Gesetzgeber die Corona-Tests als Leistungen zur Verhütung von Krankheiten an. Ermächtigungsgrundlage hierfür soll § 20i Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b SGB V sein.

Folgerichtig habe der Gesetzgber auch die Abrechnung der Leistungen bewusst im SGB V geregelt, um auf die Verwaltungsstrukturen der gKV zurückgreifen zu können, so die Klägerin dann weiter. Hiermit korrespondiere schließlich auch die rechtsstaatliche Überprüfungsmöglichkeit der sach- und fachkundigen Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Absatz 1 Nr. 2 SGG.
 
Demgegenüber hielt das SG den Sozial-Rechtsweg für unzulässig und verwies die Sache an das Verwaltungsgericht. Eine Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss des SG blieb auch vor dem LSG Berlin-Brandenburg erfolglos, sodass die Klägerin sich mit einer weiteren Beschwerde an das BSG wendete.  

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BSG: Gesetzliche Krankenversicherung erfüllt vorliegend keine Aufgabe zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung

Der 6. Senat des BSG schloss sich der Auffassung der Vorinstanzen an. Dabei betonte er zunächst, dass die Sozial- und Verwaltungsgerichte  die Frage des Rechtswegs mangels einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Regelung bisher unterschiedlich beantwortet haben. Nach Meinung des Senats liegt aber eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, die den Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die einzelnen Erwägungen des Senats hierzu:
 
  • Keine Sonderzuweisung für den Rechtsweg: Es gibt keine Sonderzuweisung zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
  • Keine Angelegenheit der gKV: Die Sache hat auch keinen Vergütungsstreit in der gKV zum Gegenstand, denn die Beklagte erfüllte mit der Vergütung der Tests keine Aufgaben zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung von Versicherten.
  • Tests unabhängig vom Sozialversicherungsstatus möglich: Vielmehr ermöglichte die Coronavirus-Test-Verordnung zeitweise allen Personen kostenfreie Tests – und zwar unabhängig von ihrem kranken- oder sozialversicherungsrechtlichen Status.
  • Finanzierung aus Steuermitteln: Die Tests sind also als Baustein des Gesamtkonzepts zur Pandemiebekämpfung anzusehen, die aus Steuermitteln finanziert werden und nicht aus Beiträgen von Versicherten der gKV.
Quelle: PM des BSG vom 22.06.2023 zum Beschluss vom 19.06.2023 – B 6 SF 1/23 R


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(ESV/bp)