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Gesetzliche Unfallrente und Verjährung 
20.09.2023

LSG Niedersachsen-Bremen zum Rechtsmissbrauch bei Verjährung einer Halbwaisenrente

ESV-Redaktion Recht
Vorliegend war die gesetzliche Unfallversicherung für die finanzielle Absicherung der Tochter in Form einer Halbwaisenrente zuständig (Foto: MQ-Illustrations / stock.adobe.com)
Kann die Einrede der Verjährung einer Halbwaisenrente rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Verwaltung keine Fehler gemacht hat? Mit dieser Frage hat sich das LSG Niedersachsen-Bremen aktuell befasst.


Klägerin in dem Streitfall war eine Frau aus Delmenhorst. Deren Vater wurde im August 2003 wegen eines Herzinfarktes im Krankenhaus behandelt. Dort verabreichte der als „Todespfleger“ bekannt gewordene Niels H. dem Vater ein Medikament, das zu einer reanimationspflichtigen Notsituation führte, mit der Folge, dass der Vater der Klägerin verstarb.
 
Im November 2014 erfuhr dann die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) durch einen Medienbericht von dem Fall. Zu dieser Zeit berichtete auch die Klägerin der Staatsanwaltschaft (StA) von dem damals überraschenden Tod ihres Vaters.
 

BG: Ansprüche vor dem Jahr 2010 verjährt

Die BG entschied zunächst – als in diesem Fall zuständige Trägerin der Hinterbliebenenrente – im Rahmen ihrer Ermittlung der potenziellen Opfer,  die Ermittlungen der StA abzuwarten. Nach Sichtung der Prozessakten und der Überprüfung des Einkommens gewährte die BG der Klägerin dann eine Hinterbliebenenrente bzw. Halbwaisenrente, und zwar rückwirkend ab 2010. Für den Zeitraum davor sah die BG die Rentenansprüche als verjährt an.

Klägerin: Einrede der Verjährung durch BG ist Rechtmissbrauch

Demgegenüber hielt die Klägerin die Verjährungseinrede für rechtsmissbräuchlich. Ihre Begründung: Der Einzelne dürfe keine Nachteile haben, wenn Schadensgroßereignisse nicht zeitnah aufgeklärt werden können. Deshalb sei eine lückenlose Aufklärung und Wiedergutmachung auch bei weit zurückliegenden Zeiträumen geboten. Dies zeigt sich auch an der Diskussion um die Kindesmissbrauchsfälle.

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LSG Niedersachsen-Bremen: Keine unzulässige Rechtsausübung der Beklagten

Der 14. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen schloss sich der Auffassung der beklagten BG an. Die tragenden Erwägungen des Senats:
 
  • Hemmung der Verjährung erst ab Kenntnis der BG: Die vierjährige Verjährung war erst ab Kenntnis der BG von dem Fall im Jahr 2014 gehemmt.
  • Ermessensfehlerfreies Handeln der BG: Für die Zeit vor 2010 ist die Einrede der beklagten BG dem Senat zufolge nicht als unzulässige Rechtsausübung anzusehen, denn der Senat sah keine Versäumnisse oder Verstöße der BG. Vielmehr wurde die Beklagte unmittelbar nach Kenntnis der Vorgänge aktiv und ermittelte die leistungsberechtigten Personen. Hierbei habe sie ihr Ermessen gemäß dem Ermächtigungszweck fehlerfrei ausgeübt, so der Senat abschließend.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hat das LSG Niedersachsen-Bremen die Revision aber zugelassen.
 
Quelle: PM des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.09.2023 zum Urteil vom 20.07.2023 – L 14 U 117/22


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