BSG: Zweistufige Auskunftspflicht von Kindern gegenüber Sozialamt bei Unterhaltsrückgriff

Kläger: Einkommensvermutung nicht widerlegt
Der Kläger meint, dass er schon dem Grunde nach nicht auskunftspflichtig ist. Nach seiner Auffassung widerlegen die Informationen des Sozialhifterträgers die benannte gesetzliche Vermutung nicht.
LSG Nordrhein-Westfalen: Auskunftsanspruch zweistufig
Während das SG Köln die Klage abgewiesen hatte, hob das LSG Nordrhein-Westfalen den Auskunftsbescheid des Sozialhilfeträgers auf. Zwar sah das LSG die Vermutungsregel von § 94 Abs. 1a Satz 2 SGB XII infolge der öffentlich zugänglichen Informationen als widerlegt an. Das anschließende Auskunftsverfahren sei jedoch zweistufig:
Im ersten Schritt könne der Sozialhilfeträger lediglich Auskünfte über das Bruttojahreseinkommen des potenziell Unterhaltsverpflichteten verlangen. Erst wenn daraus ersichtlich ist, dass die 100.000-EUR-Schwelle überschritten wird, erweitert sich das Auskunftsrecht auch auf das Vermögen, so das LSG.
Beklagter Sozialhilfeträger: Gestufte Auskunft ergibt sich nicht aus Gesetz
Gegen die Entscheidung des LSG wendet sich der beklagte Sozialhilfeträger mit einer Revision an das BSG. Nach Auffassung des Beklagten lässt sich das gestufte Auskunftsverfahren nicht aus dem Gesetz herleiten. Ist zu vermuten, dass die Einkommensgrenze überschritten wird, erstreckt sich das Auskunftsrecht auch auf das Vermögen.
Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! |
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps |
BSG: Keine Auskunftspflicht in Bezug auf Vermögen
- Auskunftsverlangen in Bezug auf Jahreseinkommen zwar rechtmäßig: Nach vorläufiger Prüfung der Sachlage lagen aufgrund von erkennbaren Anhaltspunkten aus öffentlichen Quellen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger die Einkommensgrenze von jährlich 100.000 EUR brutto überschreitet, so der Senat hierzu.
- Aber – Rechtfehler beim Auskunftsverlangen in Bezug auf Vermögen: § 94 Abs. 1a Satz 5 SGB XII ist als maßgebliche Norm – die auf die Auskunftspflichten nach § 117 SGB XII verweist – jedoch so auszulegen, dass die Angehörigen bei hinreichenden Anhaltspunkten für das Überschreiten der obigen Einkommensschwelle im ersten Schritt nur Auskünfte über ihr jährliches Bruttoreinkommen erteilen müssen. Daher war der Verwaltungsakt des beklagten Sozialhilfeträgers, der ganz gezielt auch Auskünfte zum Vermögen verlangte, rechtswidrig. Umfassende Auskünfte auch zum Vermögen müsste der Kläger erst in einem zweiten Schritt erteilen, wenn er die 100.000-EUR-Grenze tatsächlich überschritten hat.
- Auskunftsverlangen insgesamt rechtwidrig: Eine geltungserhaltende Reduktion des Auskunftsverwaltungsakts, die sich auf das Jahreseinkommen beschränkt, lehnte der Senat ab. Damit ist auch dieser Teil des angegriffenen Auskunftsverlangens gegenstandslos.
![]() |
ESV-Digital Hauck/Noftz SGB XII - SozialhilfeAutoren: Prof. Dr. Johannes Falterbaum, Prof. Dr. Guido Kirchhoff, Prof. Dr. Thomas Klie, Dr. Ines Klinge |
Verlagsprogramm | Nachrichten aus dem Bereich Recht |
Auch interessant | 06.12.2024 |
BGH äußert sich zum angemessenen Selbstbehalt beim Elternunterhalt | |
![]() |
Der BGH hat sich in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss mit dem Mindestselbstbehalt befasst, der unterhalspflichtigen Kindern bleibt, wenn diese vom Sozialhilfeträger im Wege des Unterhaltsrückriffs herangezogen werden. mehr … |