SG Speyer ordnet Grad der Schwerbehinderung (GdB) bei Post-Covid-Syndrom ein

Dennoch leidet der Kläger seit dieser Zeit unter dem Post-COVID-Syndrom. Dieses zeigt sich durch krankhafte Erschöpfungszustände, Konzentrations-, Wortfindungs- und Gedächtnisstörungen. Zudem leidet der Kläger unter einem Schwindel, dem sich – wie bei den anderen Symptomen auch – keine organische Ursache zuordnen lässt (sogenannter phobischer Schwankschwindel).
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SG Speyer: Kläger hat mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten
Die Klage hatte Erfolg: Das SG Speyer nahm auf der Grundlage eines Sachverständigungutachtens im Ergebnis einen GdB von 50 an und verurteilte das beklagte Land zu einer entsprechenden Einstufung. Die wesentlichen Überlegungen des Gerichts:
- Folgeerkrankung der Corona-Infektion: Die Störung beim Kläger ist keine ursächlich psychische Erkrankung – wie etwa eine Depression oder eine psychosomatische Störung. Vielmehr liegt dem SG zufolge eine organisch bedingte Folgeerkrankung der Corona-Infektion vor. Diese äußert sich vor allem durch eine erhöhte geistige und körperliche Erschöpfbarkeit, durch Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen sowie durch Schwindel.
- Orientierung an den Vorgaben für das Chronische Fatigue-Syndrom (CFS): Da es in den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ bisher keine konkreten Richtlinien zur Einordnung des Post-COVID-Syndroms gibt, orientierte sich das SG bei seiner Einschätzung des Behinderungsgrades an den Regeln für das Chronische Fatigue-Syndrom (CFS). Dabei bewertete es den Einzelfall und richtete sich danach, wie die stark die Symptome den Kläger im Alltag einschränken.
- Teil B, Nr. 18.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) als Maßstab: Demnach sind die Symptome am ehesten mit denen des Chronischen Fatigue-Syndroms (CFS) zu vergleichen, sodass das Post-COVID-Syndrom analog an den Maßgaben von Teil B, Nr. 18.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) zu messen ist.
- Schwerbehindertenrechtliche Sichtweise: Aus Sicht des Schwerbehindertenrechts war dem SG zufolge daher die Frage zu beantworten, inwieweit die Behinderung den Kläger in seiner Teilhabe einschränkt. Insoweit zog das VG die Orientierungswerte von Teil B, Nr. 3.7 VMG heran – also Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und die Folgen von psychischen Traumen.
- Höhere Einstufung bei aufgegebener Berufstätigkeit: Zwar sei die Einstufung, so das SG weiter, grundsätzlich losgelöst von der beruflichen Situation des Klägers vorzunehmen, was sich aus VMG, Teil A, Nr. 2 a) ergibt. Allerdings rechtfertigt sich die höhere Einstufung aufgrund der fast nicht mehr vorhandenen Funktionalität des Klägers, der seine Berufstätigkeit aufgegeben hat. Denn denn seit seiner Corona-Infektion verbringt er seine Zeit überwiegend im Ruhezustand zu Hause und hat sich sozial zurückgezogen. Damit waren mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten zu bejahen, meint das VG Speyer abschließend.
Quelle: PM des SG Speyer vom 26.06.2025 zum Urteil vom 03.06.2025 – S 12 SB 318/23
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(ESV/bp)