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Abstrakte Normenkontrolle 
21.07.2015

Betreuungsgeld: Bund fehlte die Gesetzgebungskompetenz

ESV-Redaktion
Elterliche Fürsorge: Künftig wieder ohne Betreuungsgeld (Foto: drubig-photo/Fotolia.com)
Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zum Betreuungsgeld für nichtig erklärt, da der Bundesgesetzgeber nicht die notwendige Gesetzgebungskompetenz hatte. Die abstrakte Normenkontrolle des Bundeslandes Hamburg war damit erfolgreich.

Seit August 2013 können Eltern einkommensunabhängig 150 Euro Betreuungsgeld erhalten, wenn ihr Kind zwischen 15 und 36 Monaten alt ist. Diese in der politischen Auseinandersetzung als „Herdprämie“ bezeichnete Leistung ist in die §§ 4a bis 4d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz eingegangen, obwohl hierfür die formalen Voraussetzungen nicht gegeben waren, so der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem jetzt veröffentlichten Urteil (Aktenzeichen 1 BvF 2/13). Bemerkenswert: Diese Entscheidung war unumstritten, sie erfolgte einstimmig.

Inwieweit die Vorschriften mit den Grundrechten vereinbar sind, bedurfte nicht der gerichtlichen Überprüfung, da die Regelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – so die eindeutige Begründung des Karlsruher Gerichts – wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes ohnehin nichtig seien.

Zwar handele es sich bei dem Betreuungsgeld um eine Frage der öffentlichen Fürsorge. Diese unterliege auch der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Allerdings bemängelte der Erste Senat, dass die Voraussetzungen von Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz (GG) nicht erfüllt seien. Dort heißt es: "Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht."


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Unzureichende Gründe für eine bundeseinheitliche Regelung


Danach hat der Bund eine Regelungskompetenz, wenn die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich ist. Das wäre dann der Fall, wenn sich die Lebensverhältnisse in den Bundesländern so weit auseinander entwickelten, dass dies das Sozialgefüge beeinträchtigt hätte. Genau dies sei jedoch nicht der Fall. Daher habe es der Einführung eines bundeseinheitlichen Betreuungsgeldes nicht bedurft.

Allein das Ziel, eine bundeseinheitliche Regelung in Kraft zu setzen, genüge hierfür nicht, so die Verfassungsrichter. Wörtlich heißt es in der Erklärung des Gerichts: „Insbesondere bilden die in der Begründung des Gesetzentwurfs niedergelegten Erwägungen insoweit keine tragfähige Grundlage“.

In seiner umfassenden Prüfung stellte das Gericht zudem fest, dass das Betreuungsgeld auch nicht zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich gewesen sei. Denn in einzelnen Bundesländern existierten bereits zusätzliche vergleichbare Leistungen. Dies schließe aus, dass mit dem Betreuungsgeld eine Rechtsvereinheitlichung angestrebt und herbeigeführt wurde. (ESV/map)

Das ganze Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit Anmerkung von Prof. Dr. Eberhard Jung zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, möglichem Grundrechtsverstoß und Ausblick, lesen Sie in der Septemberausgabe der Zeitschrift WzS – Wege zur Sozialversicherung, S. 249 ff.

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Literaturhinweis zum Thema


Eine umfassende Kommentierung zum Betreuungsgeld beinhaltet der Kommentar zum BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) von Bernd Wiegand. Der Kommentar vermittelt einen Überblick über das gesamte BEEG unter Berücksichtigung der relevanten Nebengesetze.

Im Berliner Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Heinrich Friauf und Prof. Dr. Wolfram Höfling, finden Sie weitreichende Erläuterungen zu den Artikeln des Grundgesetzes.