Digitalisierung der Arbeitswelt
13.09.2016
Arbeit 4.0 - Herausforderung für das Sozialsystem?
ESV-Redaktion Recht
Arbeit 4.0 umschreibt den grundlegenden Wandel der Arbeitswelt als Folge der Digitalisierung, meint Prof. Dr. Christian Mecke, Richter am Bundessozialgericht. In der Fachzeitschrift SGb, geht er Frage nach, vor welchen Herausforderungen das Sozialversicherungsrecht aufgrund dieses Wandels steht.
Das klassische Bild der Arbeit in Deutschland besteht immer noch in der Vorstellung, dass man morgens das Haus verlässt, im Betrieb seiner Arbeit nachgeht und abends heimkommt. Dieses Bild wird sich aber verändern, meint Mecke. Dank der neuen Technologien können viele Dienstleistungen und Verwaltungstätigkeiten zu jeder Zeit von jedem Ort der Welt aus erbracht werden.
Ebenso machen digitale Medien eine ortsunabhängige Zusammenarbeit möglich, und zwar auch über nationale Grenzen hinweg. Schließlich erleichtert die Digitalisierung den Zugriff auf ein weltweites Angebot von Arbeitskräften zum Abruf von Dienstleistungen nach Bedarf. Hieraus stellt Mecke folgende Fragen, die aber nur Denkanstöße sein können:
Bei der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt erwartet der Autor eine weitere Ausweitung dieser Erwerbstätigengruppe.
So lag der Gesamtbeitragsrückstand der Auffang-Versicherungspflichtigen Ende 2015 bei 1,8 Milliarden Euro. Das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung habe an diesem Trend nichts geändert. Dieses Gesetz ist am 01.08.2013 in Kraft getreten.
Auch in Zukunft wäre mit dem Wandel der Arbeitswelt im Sinne von „Arbeit 4.0” überwiegend ein geringer Verdienst verbunden.
Zwar wäre eine Beitragsbemessung nach dem tatsächlich erzielten Einkommen vermutlich geeignet, die wirtschaftliche Überforderung Selbstständiger mit geringem Einkommen zu beheben. Allerdings sollte ein Geschäftsmodell auch geeignet sein, auch die Kosten für gesetzlich vorgeschriebene Sozialbeiträge zu erwirtschaften. Ansonsten müsse es verbessert oder aufgegeben werden, meint der Verfasser hierzu.
„Bezogen auf die Digital-Arbeiter würde eine Wirtschaftsform profitieren, die wesentlich auf der Substitution versicherungspflichtiger Beschäftigung durch Kleinstselbstständigkeit und einem weltweiten Unterbietungswettbewerb von Erwerbstätigen basiert”, so Mecke. Er fährt fort: „Will man diese Kosten nicht der Solidargemeinschaft auferlegen, so sind diese Personen systemgerecht auf steuerfinanzierte ergänzende Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zu verweisen”.
Inwieweit Arbeit 4.0 künftig innerhalb oder außerhalb der sozialen Sicherungssysteme stattfindet, müsse letztendlich die Politik entscheiden, schließt Mecke seinen Beitrag.
Den vollständigen Aufsatz lesen sie in der Fachzeitschrift SGb Ausgabe 09/2016
(ESV/bp)
Das klassische Bild der Arbeit in Deutschland besteht immer noch in der Vorstellung, dass man morgens das Haus verlässt, im Betrieb seiner Arbeit nachgeht und abends heimkommt. Dieses Bild wird sich aber verändern, meint Mecke. Dank der neuen Technologien können viele Dienstleistungen und Verwaltungstätigkeiten zu jeder Zeit von jedem Ort der Welt aus erbracht werden.
Kultur einer ständigen Arbeitsbereitschaft führt zu On-Demand-Economy
Zwar entstehen hierdurch neue Freiräume für ein selbstbestimmteres Arbeiten. Auch führt dies zu einer zeitlichen und räumlichen Entgrenzung von Arbeit. Darüber hinaus sieht der Autor aber die Gefahr einer ständigen Arbeitsbereitschaft.Ebenso machen digitale Medien eine ortsunabhängige Zusammenarbeit möglich, und zwar auch über nationale Grenzen hinweg. Schließlich erleichtert die Digitalisierung den Zugriff auf ein weltweites Angebot von Arbeitskräften zum Abruf von Dienstleistungen nach Bedarf. Hieraus stellt Mecke folgende Fragen, die aber nur Denkanstöße sein können:
Kernfragen, die die Gesellschaft beantworten muss |
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Anteil der Solo-Selbstständigen nimmt zu
Anschließend geht er auf die gegenwärtige Situation der sogenannten Solo-Selbstständigen ein. Darunter versteht er Selbstständige, die keine Arbeitnehmer beschäftigten. Dieser Anteil, so der Autor, habe in den vergangenen 25 Jahren stark zugenommen.Bei der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt erwartet der Autor eine weitere Ausweitung dieser Erwerbstätigengruppe.
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Besonderer Handlungsbedarf bei gesetzlicher Kranken-und Pflegeversicherung
Handlungsbedarf bestehe bei dieser Personengruppe schon jetzt im Bereich der Krankenversicherung. Hier sieht Mecke deutliche Hinweise, die auf eine wirtschaftliche Überforderung der Versicherten durch die Beitragslast schließen lassen.So lag der Gesamtbeitragsrückstand der Auffang-Versicherungspflichtigen Ende 2015 bei 1,8 Milliarden Euro. Das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung habe an diesem Trend nichts geändert. Dieses Gesetz ist am 01.08.2013 in Kraft getreten.
Auch in Zukunft wäre mit dem Wandel der Arbeitswelt im Sinne von „Arbeit 4.0” überwiegend ein geringer Verdienst verbunden.
Warum eine Versicherungspflicht für Solo-Selbständige problematisch ist
Eine Einbeziehung der Solo-Selbstständigen in die Versicherungspflicht der GKV und sozialen Pflegeversicherung sieht Mecke aber kritisch. Dies würde die Versichertengemeinschaft einseitig belasten, weil eine grundsätzlich einkommensschwache Gruppe von Erwerbstätigen mit einbezogen wird.Zwar wäre eine Beitragsbemessung nach dem tatsächlich erzielten Einkommen vermutlich geeignet, die wirtschaftliche Überforderung Selbstständiger mit geringem Einkommen zu beheben. Allerdings sollte ein Geschäftsmodell auch geeignet sein, auch die Kosten für gesetzlich vorgeschriebene Sozialbeiträge zu erwirtschaften. Ansonsten müsse es verbessert oder aufgegeben werden, meint der Verfasser hierzu.
„Bezogen auf die Digital-Arbeiter würde eine Wirtschaftsform profitieren, die wesentlich auf der Substitution versicherungspflichtiger Beschäftigung durch Kleinstselbstständigkeit und einem weltweiten Unterbietungswettbewerb von Erwerbstätigen basiert”, so Mecke. Er fährt fort: „Will man diese Kosten nicht der Solidargemeinschaft auferlegen, so sind diese Personen systemgerecht auf steuerfinanzierte ergänzende Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zu verweisen”.
Inwieweit Arbeit 4.0 künftig innerhalb oder außerhalb der sozialen Sicherungssysteme stattfindet, müsse letztendlich die Politik entscheiden, schließt Mecke seinen Beitrag.
Den vollständigen Aufsatz lesen sie in der Fachzeitschrift SGb Ausgabe 09/2016
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(ESV/bp)