BSG: Glatteistest ist nicht gesetzlich unfallversichert
In dem betreffenden Fall hatte ein Arbeitnehmer vor seiner Fahrt zur Arbeit testen wollen, ob die Straße glatt ist. Dabei legte er zunächst die Arbeitstasche auf sein Auto, das auf seinem Grundstück parkte und ging wenige Meter auf die öffentliche Straße, um dort die Fahrbahnverhältnisse zu prüfen. Auf dem Rückweg zum Auto stürzte er an der Bordsteinkante und verletzte sich am rechten Arm. Grund für den Fahrbahntest war eine Meldung des Deutschen Wetterdienstes. Danach war über Nacht mit überfrierender Nässe oder leichtem Schneefall zu rechnen.
Beklagte: Schritte zur Straße sind Privatvergnügen
Die beklagte Landesunfallkasse erkannte diesen Vorgang nicht als Arbeitsunfall im Sinne eines Wegunfalls an. Der Arbeitnehmer habe sich ja bei dem Sturz nicht auf dem direkten im Sinne von § 8 SGB Absatz 2 VII Arbeitsweg befunden, so die Beklagte. Danach war der Abstecher zur Straße deshalb nicht notwendig, weil der Kläger auf diese Weise nicht herausfinden könne, wie der Fahrbahnzustand auf dem gesamten Arbeitsweg sei. Die paar Schritte zur Straße wären somit dessen Privatvergnügen im rechtlichen Sinne.Im Wortlaut: § 8 SGB VII - Arbeitsunfall |
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. (2) Versicherte Tätigkeiten sind auch 1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, (...) |
Im Wortlaut: § 1 StVO - Grundregeln |
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. |
BSG: Vorbereitungshandlungen nicht versichert
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) schloss sich der Auffassung der Beklagten an. Danach war der unmittelbare und damit versicherte Weg zur Arbeitsstätte bereits zu dem Zeitpunkt unterbrochen, an dem der Kläger die Straße betreten hatte.Die Prüfung der Fahrbahnverhältnisse sei lediglich eine Vorbereitungshandlung zum versicherten Arbeitsweg. Vorbereitungshandlungen wären nach ständiger Rechtsprechung nur versichert, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
- Rechtspflicht: Entweder müsse Rechtspflicht bestehen, die betreffende Handlung vorzunehmen;
- Erforderlichkeit: Oder die Handlung müsse zur Beseitigung eines unvorhergesehenen Hindernisses erforderlich sein, um den Arbeitsweg aufzunehmen oder fortzusetzen.
Quelle: PM des BSG vom 23.01.2018 zum Urteil vom selben Tag - AZ: B 2 U 3/16 R.
Standpunkt - Ass. jur. Bernd Preiß (ESV-Redaktion Recht) |
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(ESV/bp)