• Schreiben Sie uns!
  • Druckansicht
Sozialversicherungspflicht 
26.06.2019

BSG zur Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten im Krankenhaus

ESV-Redaktion Recht
BSG: Auch Honorarärzte haben regelmäßig keinerlei unternehmerischen Entscheidungsspielraum (Foto: yda Productions/Fotolia.com)
Personalnot in Krankenhäusern und Kliniken ist nicht neu. Oft greifen Einrichtungen daher auf Honorarärzte zurück, die dann freie Mitarbeiter sein sollen – allerdings entgegen der Ansicht der Deutschen Rentenversicherung. Nun hat das Bundessozialgericht (BSG) hierzu eine wichtige Entscheidung getroffen.

Aus der Sicht zahlreicher Ärzte ist ihre „freie Tätigkeit“ attraktiv. Einerseits ist die Vergütung höher als bei einer festen Anstellung. Zudem sind Honorarärzte flexibel und zeitlich begrenzt einsetzbar. Gründe, die auch Kranken-und Pflegeeinrichtungen schätzen und Ärzte daher als freie Mitarbeiter einsetzen.

Deutsche Rentenversicherung: Honorarärzte sind oft keine Freiberufler

Anderer Ansicht ist die Deutsche Rentenversicherung nach zahlreichen Überprüfungen. Danach sind Honorarärzte oft nicht als Freiberufler einzusetzen, sondern wie abhängig Beschäftigte im Sinne von § 7 Absatz 1 SGB IV einzuordnen. Als Konsequenz hieraus müssen die Arbeitgeber für die betroffenen Mediziner Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und grundsätzlich auch zur Rentenversicherung abführen. Hiergegen hatten einige Kliniken, Krankenhausträger und Ärzte aus zahlreichen Bundesländern geklagt.

Im Wortlaut: § 7 Absatz 1 SGB IV
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Die Verfahren landeten letztlich beim Bundessozialgericht (BSG). Insgesamt verhandelte der 12. Senat des BSG elf Fälle. Als Leitverfahren wählten die Richter aus Kassel einen Fall aus Bayern. In diesem hatte eine Fachärztin für Anästhesie in zwei Kliniken des Landkreises Aichach-Friedberg im Tag- und Bereitschaftsdienst als Honorarkraft gearbeitet.

Auch interessant: Sozialversicherungspflicht 20.06.2019
BSG: Pflegefachkräfte sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig
Tätigkeiten im Pflegebereich werden nicht selten freiberuflich ausgestaltet. Dies gilt auch für Pflegefachkräfte. Diese Einordnung ist jedoch nicht immer interessengerecht und aus Arbeitgebersicht risikoreich, wie die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zeigt. mehr …

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.

Dienste „höherer Art“?

Dabei geht es um auch die Frage, ob Ärzte Dienste „höherer Art“ verrichten und bereits deshalb als selbstständig anzusehen sind. Dies ist jedenfalls ein Argument der Gegner der Sozialversicherungspflicht. Im Kern geht es darum, ob die Betroffenen weisungsgebunden sind und welche unternehmerischen Entscheidungsspielräume sie haben. Auch der Grad der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Krankenhauses ist entscheidend.

BSG: Mediziner nicht freiberuflich tätig

Der 12. Senat des BSG schloss sich der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung an. Entscheidend stellte der Senat auf die oben genannten Kriterien ab. Danach ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei Ärzten nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst „höherer Art“ ausgeschlossen. Die wesentlichen Gründe des Senats im Überblick:
  • Eingliederung: Ärzte sind in einem Krankenhaus regelmäßig in einem hohen Grad in die Arbeitsorganisation eingegliedert.
  • Weisungsgebundenheit: Zudem sind Ärzte regelmäßig weisungsgebunden. Auf den Leitfall bezogen meint der Senat, dass Anästhesisten bei Operationen grundsätzlich arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen arbeiten müssen. Aber auch Stationsärzte hätten sich regelmäßig voraus in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einzufügen.
  • Kein unternehmerischer Entscheidungsspielraum: Einen echten unternehmerischen Entscheidungsspielraum sah der 12. Senat des BSG ebenfalls nicht.
  • Honorarhöhe nicht entscheidend: Auch die Höhe der Honorare konnte die Auffassung des BSG nicht ändern. Insoweit signalisierte der 12. Senat, dass diese im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht ausschlaggebend wären.
  • Auch Fachkräftemangel unerheblich: Schließlich sah der Senat den von der Arbeitgeberseite vorgetragenen Fachkräftemangel im Gesundheitswesen als unerheblich an. Danach können sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht nicht außer Kraft gesetzt werden, um die Attraktivität von Berufen zu steigern.
Quelle: PM des BSG vom 04.06.2019 zur Entscheidung vom selben Tag – AZ: B 12 R 11/18

Datenbank Hauck/Noftz Modul SGB IV

Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

Das Datenbankmodul HauckNoftzSGB.de zum SGB IV bietet Ihnen komprimierte Fachkompetenz: Aktuelle Gesetzestexte, fundierte Kommentierungen, Entscheidungshilfen sowie sozial- und rechtspolitische Entwicklungen haben Sie komfortabel im digitalen Zugriff.

Das SGB IV wurde auf die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung beschränkt. Damit wurde einerseits dem großen Umfang des Sozialversicherungsrechts im Vergleich zu anderen Sozialleistungsbereichen des SGB Rechnung getragen, andererseits den strukturellen Unterschieden u.a. gegenüber dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung.

(ESV/bp)