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Elektronische Patientenakte (ePA) 
27.01.2021

BVerfG: Verfassungsbeschwerde und Eilanträge gegen elektronische Patientenakte (ePA) erfolglos

ESV-Redaktion Recht
BVerfG: Die zentrale Speicherung der Patientendaten in der ePA ist freiwillig und gefährdet daher nicht das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Nutzer (Foto: Sportshooter / stock.adobe.com)
Seit Jahresbeginn dürfen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten Versorgungsinnovationen anbieten. Grundlage hierfür ist die neue Elektronische Patientenakte (ePA), bei der sensible Patientendaten zentral gespeichert werden. Über eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde und zwei Eilanträge hatte nun das BVerfG in Karlsruhe zu entscheiden.


Die aktuell geltenden Regelungen sehen vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten im Zusammenhang mit der ePA individuelle Versorgungsinnovationen oder sonstige individuelle Versorgungsleistungen anbieten dürfen. Hierbei haben sie auch Zugriff auf die Sozialdaten, die die Versicherten in die elektronische Datenbank eingestellt haben.   

§ 68b SGB V Absatz 2 – Förderung von Versorgungsinnovationen (Auszug) 
(2) Die Krankenkassen können ihren Versicherten Informationen zu individuell geeigneten Versorgungsinnovationen und zu sonstigen individuell geeigneten Versorgungsleistungen zur Verfügung stellen und individuell geeignete Versorgungsinnovationen oder sonstige individuell geeignete Versorgungsleistungen anbieten. (…).
§ 341 Absatz 1 Satz 2 – Elektronische Patientenakte
(1) Die elektronische Patientenakte ist eine versichertengeführte elektronische Akte, die den Versicherten von den Krankenkassen auf Antrag zur Verfügung gestellt wird. Die Nutzung ist für die Versicherten freiwillig (...).


Beschwerdeführer: „Microtargeting“ und Gesundheitsprofile mit Hilfe der Daten aus der ePA möglich

Der Beschwerdeführer sah Sicherheitsbedenken, weil auch seine Daten auf einer zentralen Datenbank gespeichert werden sollen. Damit könnten sich auch Hacker nicht nur unbefugt Zugriff darauf verschaffen und seine Daten nicht nur für herkömmliche kriminelle Aktivitäten verwenden, so der Beschwerdeführer. Vielmehr könnten Dritte mithilfe der Daten sogar ein sogenanntes „Microtargeting“ betreiben und durch gezielte Ansprache von Wählern sogar Wahlen manipulieren. 

Zudem wäre es möglich, dass immer mehr aussagekräftigere Gesundheitsprofile der Versicherten erstellt werden könnten. Im Vordergrund der Neuregelungen stünde daher nicht die hochwertige Gesundheitsversorgung, sondern die Wirtschaftsförderung von Digitalunternehmen, die im Gesundheitsbereich tätig sind.

Damit gefährdet die ePA dem Beschwerdeführer zufolge die Hoheit über seine Daten. Hiergegen wendete er sich mit einer Verfassungsbeschwerde und einem Eilantrag (BvR 619/20). In einem weiteren Verfahren (1 BvQ 108/20) hatte ein Versicherter lediglich einen Antrag auf einstweilige Anordnung (Eilantrag) gegen die Neuregelungen gestellt.

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BVerfG: Beschwerdeführer nicht unmittelbar in seinen Rechten betroffen

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG sah sowohl die Verfassungsbeschwerde als auch die beiden Eilanträge als unzulässig an. Die tragenden Erwägungen der Kammer:

  • Nutzung der ePA ist freiwillig: Die vom Beschwerdeführer angeführte Verletzung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts kann dieser abwenden, wenn er seine Einwilligung zur Nutzung der ePA  nicht erteilt. Damit würde er seine Datenhoheit behalten und wäre nicht unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Auch sein Eilantrag wurde damit gegenstandslos.

  • Verfassungsbeschwerde subsidiär: Auch den weiteren Eilantrag wiesen die Karlsruher Richter ab. Demnach wäre eine noch einzulegende Verfassungsbeschwerde unzulässig. Der Versicherte hätte zunächst über eine Feststellungs- oder Unterlassungsklage bei den Sozialgerichten um Rechtsschutz nachsuchen müssen, so die Karlsruher Verfassungshüter abschließend. 
Quelle: PM des BVerfG vom 26.1. 2021 zu den Beschlüssen vom 4.1.2021 – 1 BvR 619/20 und 1 BvQ 108/20

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(ESV/bp)