Gesetzliche Krankenversicherung (gKV)
01.07.2021
Neue Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1. Juli 2021
ESV-Redaktion Recht
Wer gesetzlich krankenversichert ist, kann seit dem 1. Juli 2021 neue Leistungen der gKV beanspruchen – und zwar die systematische Behandlung von Parodontitis sowie die sogenannte Kryokonservierung. Dies teilte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in zwei separaten Pressemeldungen mit.
Systematische Behandlung von Parodontitis
Seit dem 1.7.2021 können Patienten mit schwerer Parodontitis eine systematische Diagnostik mit entsprechender Behandlung beanspruchen.
Die rechtliche Grundlage für die Leistung
Grundlage für diese zusätzliche Leistung der gKV ist die neue PAR-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die am 1.7.2021 in Kraft trat. Regelungsgehalt der PAR-Richtlinie ist das Leistungsspektrum der Parodontitisbehandlung für schwierige Erkrankungsverläufe. Ebenso liegen die erforderlichen vertragszahnärztlichen Vergütungsziffern vor. Allerdings müssen die Krankenkassen die systematische Behandlung vorher genehmigen.
Diagnostik und Therapieformen
Sind bei dem betreffenden Patienten die Voraussetzungen für eine systematische Behandlung gegeben, müssen alle weiteren Schritte vorher in einem Aufklärungs- und Therapiegespräch mit dem Patienten besprochen werden. In Betracht kommen eine antiinfektiöse und eine chirurgische Therapie. Die Art der Therapie hängt vom Grad der Erkrankung und von deren Stadium ab.
Unterstützende Parodontitistherapie (UPT) als Teil des systematischen Behandlungskonzeptes
Drei bis sechs Monate nach der Durchführung der jeweiligen Therapie soll die sogenannte „Unterstützende Parodontitistherapie (UPT)“ beginnen. Diese dauert zwei Jahre und deren Ziel ist es, den Behandlungserfolg langfristig zu sichern. Die UPT ist Teil des systematischen Behandlungskonzeptes.
Erstes Screening auf Parodontalerkrankungen
Ansprüche auf ein erstes Screening auf Parodontalerkrankungen und die zahnmedizinischen Leistungen bei akuten und leichten Verläufen sind in der vertragszahnärztlichen Behandlungsrichtlinie des G-BA in der Versorgung festgelegt.
Angebot für pflegebedürftige und behinderte Menschen
Pflegebedürftige Patienten oder Personen, die aufgrund ihrer Behinderung Eingliederungshilfe beziehen, können seit dem 1.7.2021 ein bedarfsgerecht zugeschnittenes Angebot der systematischen Parodontitistherapie erhalten. Grundlage dieser Leistungen ist auch hier die vertragszahnärztliche Behandlungsrichtlinie. Danach bestehen Ansprüche, wenn der betreffende Patient die Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt selbst vornehmen kann. Gleiches gilt, wenn die Behandlung eine Allgemeinnarkose erfordert oder wenn der Patient aufgrund geistiger Einschränkungen nicht oder nur teilweise kooperieren kann. In diesen Fällen muss die systematische Parodontitisbehandlung nur bei der zuständigen Krankenkasse angezeigt werden.
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Kryokonservierung
Darüber hinaus können gesetzlich Versicherte vor einer potentiell keimzellschädigenden Therapie eine sogenannte Kryokonservierung und die dazugehörenden medizinischen Maßnahmen beanspruchen.
Bei Kryokonservierung werden Körperzellen in flüssigem Stickstoff bis zu minus 196° C heruntergekühlt. Mit der Methode könnten sich zum Beispiel Krebspatienten auch nach einer keimzellschädigenden Therapie – mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung – noch Kinderwünsche erfüllen.
Rechtliche Grundlage der Leistung
Grundlage für diese Leistung ist die Richtlinie zur Kryokonservierung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese regelt die Einzelheiten des Leistungsanspruchs und trat am 22.2.2021 in Kraft. Die erforderlichen Abrechnungsziffern hat der Bewertungsausschuss nach einem einheitlichen Bewertungsmaßstab festgelegt.
Medizinische Indikation
Eine medizinische Indikation zur Kryokonservierung ist bei Behandlungen gegeben, die nach dem aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand keimzellschädigend sein können. Hierzu gehören vor allem
- die operative Entfernung der Keimdrüsen,
- Strahlentherapien mit zu erwartenden Schädigungen der Keimdrüsen
- sowie potentiell fruchtbarkeitsschädigende Medikationen.
Altersgrenzen bei der Anwendung
Die Altersgrenzen, bei der die gKV die Kosten für die der Kryokonservierung übernehmen muss, hat der Gesetzgeber wie folgt im sogenannten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) festgelegt:
- bei Frauen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr
- und bei Männern bis zum vollendeten 50. Lebensjahr.
Eine untere Altersgrenze gibt es nicht. Nach dem Transplantationsgesetz hängen Maßnahmen zur Samenzellgewinnung bei Minderjährigen aber von deren Einwilligungsfähigkeit ab. Diese Voraussetzung ist im Einzelfall abzuklären.
Weitere Einschränkungen
Bisher hat die Arzneimittelbehörde noch keine Medikamente zur hormonellen Stimulationsbehandlung für Minderjährige zugelassen. Für minderjährige junge Frauen gibt es daher noch Einschränkungen.
Nach seinen weiteren Ausführungen berät der G-BA aktuell noch weiter über die Kryokonservierung von Keimzellgewebe. Gleiches gilt für die Voraussetzungen, wie die Kryokonservierung auch bei Minderjährigen angewendet werden kann.
Quelle: Parallele Pressemeldungen des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 30.6.2021
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